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edlen Verhältnisse nnd die einfach klare Gewölbeconstruction der Frühgothik in ursprünglich
polychromer Fassung, die erst in jüngster Zeit bei Gelegenheit einer Restanrirnng wieder
zu Tage kam. Unfern davon stellt der tiefernste dnnkle Quaderbau des Margaretheu-
kirchleins aus dem Jahre 1491 die Formen der Spätgothik ansprechend vor Augeu.
Auch dieses erfreut sich einer stilgerechten Verjüngung und bildet mit seinem Reichthuine
an alten, zum Theile kunstvollen Epi taphien den poetisch augehauchten Mittelpunkt des
St. Petersfriedhofes. Endlich ist noch das Schloßkirchlein S t . Georg der Beste Hohen-
salzbnrg zu nennen, höchst schlicht in spätester Gothik 1502 erbaut, aber sehenswerth wegen
des reichen Schmuckes von Marmorscnlptnren aus derselben Zeit, womit seine Innen-
nnd Außenwände bekleidet sind. Wir werden diese noch näher kennen lernen.
Wie fruchtbar im Lande Salzburg die Spätgothik auf dem Felde des Kirchenbaues
gewesen, haben wir schon früher kurz bemerkt. Den Beweis liefert die Thatsache, daß von
den 248 öffentlichen Kirchen, welche das kleine Land ohne die Hanpstadt gegenwärtig
besitzt, nicht weniger als 147 sich theils vollständig, theils durch mehr oder minder
bedeutende Baubestaudtheile als Schöpfungen der Gothik, und zwar beinahe ausnahmslos
der Spätgothik legitimiren. Der schon oben erwähnte schlichte Zug — praktisch verstäudige
Solidität in äußerster Einfachheit — beherrscht fast alle diese aus der Mitte des Volkes
hervorgegangenen Bauwerke. Deuuoch entbehre» sie, soweit sie der Modernisiruug leidlich
entgingen, des Reizes der Erscheinung nicht. Der Hauch des Alterthums allein schon hebt
uud verklärt die Armuth der Form. Gerade die Einfachheit stimmt die Kirchengebäude mit
ihrer ländlichen Umgebung wohlklingend zusammen und gibt ihnen nicht selten eine Weihe,
die es allem baulichen Prunke zuvorthut. Dazu kommt bei vielen ein tadelloses Ebenmaß
der Berhältuisse, ein markiges Profil und ein anmuthend klarer Fluß der sparsamen Linien.
Man lernt hier die Gothik, die man sich so schwer ohne kostspieliges ornamentales
Beiwerk denken kann, von einer ganz anderen, wir möchten sogar sagen, von ihrer liebens-
würdigsten Seite kennen.
In dem Besitze stattlicher und meist wohl erhaltener gothischer Kirchen steht nnter
den salzburgischen Gauen entschieden der Pongau obenan. Die Kirchen zn Bischofs-
hofen, Pfar rwerfen , Hüttau, Altenmarkt, S t . Veit und Hofgasteiu verdienen
eine Musterreihe gothischer Laudkircheu genannt zu werden. Auch der Chor der vor
kurzem recht glücklich restaurirteu großen Stadtpfarrkirche zu Radstat t reiht sich diesen
schönen Bauwerken würdig an. Im Pinzgan uud uoch mehr im Flachgau, hier ohne Zweifel
unter dem nahen Einflüsse der baulustigen Landeshauptstadt, haben modernisireude Um-
und Neubauten der alten Gothik weit empfindlicheren Schaden zugefügt.
Die Perle der gothischen Kirchen Salzburgs birgt jedoch der entlegenste und kleinste
Gau jenseits der Taueru, der Luugau, in seiner Wallfahrtskirche St . Leonhard bei
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Volume 6
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Oberösterreich und Salzburg
- Volume
- 6
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1889
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 17.03 x 24.86 cm
- Pages
- 650
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch