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Mittelpunkt ist für die reichen Gemsen- und Hochwildreviere. Hier ist ein classischer Boden
für die Jagd. Die Admonter Geistlichen, welche die Wallfahrtskirche inmitten der einst
beiuahe undurchdringlichen Wälder erbant, dürften hier vormals noch manchen Bär nnd
Luchs erlegt haben. Noch heute bildet die Jagd das Hauptinteresse der Gegend. Noch
findet mau ganz prächtige Typen von alten Jägern, welche mit ihren glatt rafirten
Gesichtern und eigenthümlich zugeschnittenen Röcken an eine längst entschwundene Zeit
erinnern. Diese wildreichen Gegenden besitzen einen ganz eigenen ursprünglichen Charakter.
Der schönste Pnnkt ist das Brnnnthal — rings umschlossen von steilen Wänden, die in
weiten Sandriesen oder romantischen Waldpartien endigen. Und in dieser abgeschiedenen
Natur das bunte Leben von zahllosen Gemsen uud flüchtigem Hochwild! Auch an gefiederten
Bewohnern siud die Wälder des Enusthales nicht reich. Höchstens daß ein Schwärm
Meisen kurze Zeit die Stille unterbricht oder eine Anzahl Nnßheher im Herbst auf deu
entblätterten Bäumen am Waldsaume sich wiegt und ihr heiseres Geschrei in das Gekrächze
der Krähe» mengt, welche schwerfälligen Fluges über die Stoppelfelder ziehen. Der Grund
davon liegt in den zahlreichen größeren oder kleineren Raubvögeln, welche in den Kalk-
felsen ihre Horste habeu und von da aus mit ihren stolzen Kreisen das Thal beherrschen.
Reich belebt von verschiedenartigem Thierleben sind blos die Niederungen. Es ist
etwas Sonderbares um diese ausgedehnten Gestade der Enns. Die interessanteste Ent-
wicklung ist zwischen Steinach uud Liezeu. Auf verhältnißmäßig engem Raume kauu man
sich landschaftlich kanm etwas Abwechslungsvolleres denken, eine Fülle von Licht und
Schatten, düsteren und warmen Tönen, todten und lebensvollen Bildern. Da finden wir
schattige Haine von knorrigen Weiden und Birken. Mühsam stehlen sich blos wenige
Sonnenstrahlen durch das dichte Dach der unzähligen silberfarbigen Blätter. Hier nisten
wilde Tauben, welche in Scharen Ausflüge iu die Umgebung unternehmen.
Weiterhin ist sickernder Grund, Tannenwälder, tiefe Gräben, hochragendes Rohr —
plötzlich heimlich versteckt in rings sie umgebenden Sträuchen eine saftige Wiese. Dann folgt
ein Stück bebauten Feldes, daneben wieder öde Strecken gelben und schwarzen Bodens.
Endlich stoßen wir auf größere todte Arme, an den Ufern umsäumt vou mannshohem
Schilfe, in der Mitte unbewegliche dunkle Wasserspiegel.
In träumerischen Linien ziehen sie hin, bilden Inseln, trennen und verzweigen sich,
um in Schilf und Sumpfgras zu verlaufeu. Hier sind Wildenten und Rohrhühner geborgen.
Einige solche Arme sind aber von steinigen Ufern, weiten sandigen Flächen umgeben. Diese
zeigen mit allen ihren zarten Eindrücken, die rastende und laufende Vögel zurückgelassen,
wie mannigfaltig die Gesellschaft ist, die sich hier erlustigt.
Die breite Entwicklnng des Thales gestattet rauhen Lüften hinabzustreicheu. Der
Himmel ist nur zu oft gran, eine melancholische Färbung über das Land medergießend.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Steiermark, Volume 7
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Steiermark
- Volume
- 7
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1890
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.09 x 22.51 cm
- Pages
- 432
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch