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Dann senken sich die Nebel über die Bergspitzen hinab, lang anhaltende Regengüsse gehen
nieder. Der beste Wetterprophet im Thale ist der Grimming, welcher meist im Sommer
sein steiniges Haupt verhüllt. Dieser Berg, den die alten Topographen Steiermarks mit dem
Namen ,mc>n8 altissimus" bezeichneten, bildet den größten Stolz der Gegend. Man kann
sich auch nichts Vielseitigeres in landschaftlichen Wirkungen denken. Erst erscheint er uns
als langgezogene Felsenkette. Tausende von Riffen und Zacken zeichnen sich am Himmel.
Dann geht es abwärts in Rissen und Schlünden, in tiefen Schatten und grellen Lichtern
bis zu den großen Sandriesen, welche das ganze Jahr hindurch Schneemassen bergen.
Diese eudigeu aber in einem Walde in allen Schattirnngen des Grün. So scheint uns der
Berg bis zu dem Knotenpunkte, wo das Ansseeer Thal sich öffnet, wo das stolze Schloß
Trautenfels, vier Straßen beherrschend, inmitten des Thales sich erhebt. Hier fällt er steil
ab. Stein vom Kopf bis zum Fuße, rauh und schroff mit großartigen ruhigen Formen,
wahrhast ein Vertreter jener nngebändigten Naturkraft, die hier eiust unumschränkt
gewaltet. An ihm sammeln sich anch alle schweren Wetter in blauen dicke» Wolkeu.
Dröhnend rollt der erste Donner von diesen Höhen, die im Dunste sich verbergen, der
Berg, nur zur Hälfte sichtbar, erscheint dann noch gigantischer mit seinen Steinmassen, deren
Höhe man nur ahnen kann. In der bleiernen Luft, welche die Straße uoch weißer, die
Sümpfe noch fahler aussehen läßt, hebt sich der Wind. Langsam steigert er sich, bis er als
heulender Sturm aus der Grimmingsschlncht sich in das Thal stürzt. In tausend Theile
werden die Nebelmasseu und Wolken zerrissen, fliegen gepeitscht hin an den Bergen oder
eilen, Regengüsse niederschüttend, über das Thal. Blitz anf Blitz, tausendfältig wieder-
hallender krachender, knattender Donner. Erst nach langer Anstrengung gelingt es der
Sonne einzelne helle Strahlen niederfallen zu lassen. Dann schweigt der Grimming, dnnkel
gefärbt und verwettert. Aus dem heftigen Gewitter wird aber meist ein anhaltender
Landregen.
Die schönste Zeit ist erst im Herbst. Scheint dann die Sonne durch die klare Luft,
leuchten die Spitzen der Kalkriesen verklärt uud glitzernd empor, dann ist es zauberisch
schön. In dieser herrlichen Zeit muß man die Almen besuchen, die mit ihren hügeligen
Wiesen die Kalkrücken krönen, welche dem Todten Gebirge vorgelagert das Thal begrenzen.
Eine der beliebtesten der Gegend ist die sogenannte Hochschweiz- oder Acherlkaralm, die
wir von Wörschach aus erreichen. Wir müssen einem breiten, steinigen Wege folgen, welchen
die Bauern bei ihrem Viehtriebe benützen. Diese Hohlwege mit ihren tiefen Furchen, ihren
uuförmlichen Steinen, dem Koth und den ewigen Pfützen, sind geradezu typisch. Nachdem
man sich endlos getäuscht, schimmert ein immer breiter werdendes Stück Himmel dnrch die
Wipfel. Endlich stehen wir am Rande des Waldes vor einem langen Holzzaune. Drüben
dehnen sich hügelige Wiesenflächen. Durch die Holzgatter gelangen wir ans das Gebiet
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Steiermark, Volume 7
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Steiermark
- Volume
- 7
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1890
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.09 x 22.51 cm
- Pages
- 432
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch