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und zur Nachmittagsstunde ein Blick in das obere Thal zeigt die Gegend in ihrer ganzen
Schöne und Lieblichkeit. Das obere Mürzthal liegt ebenso grün und sonnig da als das
untere, aber die Berge, die es umgeben, sind höher und waldreicher, die schattigen Häupter
des Golk, des Kaiser- und Köuigskogels erheben sich von hier auS gesehen scharf und
stattlich aus dem Thale. Zu unseren Füßen liegt der ausblühende Ort Wartberg, jenseits
des hier fast zur Schlucht vereugteu Thales ragt die malerische Ruiue Lichteuegg. Diese
Gegend hat am 1. Mai 1885 durch eiu Erdbebeu stark gelitten, doch siud bereits alle
Spureu davon vertilgt, nur das schiefgerüttelte Kirchthurmkreuz zu Wartberg mahnt noch
heute au die Schrecken jener Nacht.
Eine kleine Strecke oberhalb Wartberg, am Schlosse Pichel bei Mitterdorf zweigt
gegen Norden das Veitschthal ab; drei Stunden seru im Hintergründe steigen die Fels-
wände der Hohen Veitsch auf. Dieser 1.982 Meter hohe Bergstock hängt durch den
Seebergsattel mit der Hochschwabgruppe zusammen und bietet seiner vorgeschobenen Lage
wegen eine ganz besonders lohnende Aussicht. Der gewaltige Bergrücken der Veitsch ist
eine der größten landschaftlichen Zierden des Mürzthales für den, der auf eiuer Höhuug
der südlichen Bergreihe steht. Wenn diese mit Schiefer durchzogenen Kalkwände auch nicht
so hell leuchten als die Wände des Hochschwab, so impouirt das Bild doch durch die
Massigkeit des freistehenden Berges. Auf der Pflanzenreichen Veitsch entwickelt sich im
Sommer frohes Almleben in den Schwaighütten und das Tonristenhaus auf der Höhe
beherbergt taglich heitere Gäste, die heraufgekommen sind, nm sich an der Aussicht, au der
herrlichen Flora dieses Gebirges zu erquicke».
Der Mürz entlaug wandelnd, erblicken wir bald den altersgrauen Thurm von
Krieglach. In alten Zeiten, als das Wasser die Schlucht am Wartberge noch nicht
durchgerissen hatte, soll hier eiu See gewesen sein; in demselben ist, der Sage nach, ein
Krüglein geschwommen mit dem Bildniß des heiligen Apostels Jakobus. An der Stelle,
wo das Krüglein ans Ufer geschwommen, habe ein Einsiedler eine Kapelle erbaut, und
das sei der älteste Ort iu der Gegend gewesen, genannt Krügelbach, später Krieglach. Älter
als dieser Ort ist Marein im unteren Thale, in dessen gothischer Kirche schon die ersten
christlichen Bewohner der Gegend Gottesdienst gehalten haben sollen.
Eine Stunde weiterhin, am freundlichen Langenwang steht hoch aus dem Berge
die schöne Nmne Hohenwang, an ihrem Fnße eine Marienkapelle, deren Altarbild aus
dem XII. Jahrhundert stammen soll. Hinter Langenwang führt südöstlich der Pretul-
graben tief ins Gebirge und dann empor zu deu Alme» des Stuhlecker Bergrückens.
In unserem Thale will sich ein steiles Berglein mit einer senkrechten Felswand
uns iu deu Weg stellen. Das ist der Gansstein, in dessen Innern nach alter Leute Glauben
der Gansstein-Micherl haust und große Schätze verwahrt. Einmal ging durch die Felsspalte,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Steiermark, Volume 7
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Steiermark
- Volume
- 7
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1890
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.09 x 22.51 cm
- Pages
- 432
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch