Page - 246 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Steiermark, Volume 7
Image of the Page - 246 -
Text of the Page - 246 -
246
in diesem Zeitraume Örtlichkeiteu mit der Bezeichnung daselbst auftauchen, sv
kann diese nur den Sinn eines privaten Zufluchts- oder Bergeortes gehabt habeu, ohue
dabei ragende Thürme von Stein und geziuute Mauern zu meinen. Solche feste Punkte
sind denn allerdings genannt: so 895 die Neichenburg an der Save und um 1060 die
zwei verschollenen Plätze Dietenpurch und Primarespurg im Kaiuachthale. Dauu aber
treten noch andere auf, welche ihre Eigenschaft als slavische Wehranlagen durch die Namen
bezeugen, wie Straßgang und Straßengel bei Graz und die — allerdings erst um 1140
genannte — Obernburg in einem Seitenwinkel des oberen Sannthales. Die bedeutendste
Anlage muß aber die Hengistburg besessen haben, auf dereu ausgebrannten Resten sich
im XII. Jahrhundert das Hochschloß Wildon aufbaute: es war Grafenresidenz für den
Hengstgau und wohl auch die Hauptwarte für den gesammten Osten der unteren Mark,
und um seinen Besitz rangen im XI. Jahrhundert zwei Prätendenten des kärntnischen
Herzogsstuhles. Betrachtet man die Lage dieser einzelneu Gründungen, so tritt die in
gewissem allgemeinen Sinne ausgesprochene Wahl deutlich hervor: die einen liegen auf
vorragenden thalbeherrschenden Punkten, die anderen in Thalabschlüssen als Deckungen
von Übergängen nach benachbarten Gauen. Fast möchte man sie deßhalb als Landes-
anstalten bezeichnen, da sie eben in der Borsorglichkeit bei der Wahl ihrer Örtlichkeiten
Merkmale solcher an sich tragen, welche in der Zeit der eigentlichen Burgen für diese nur
selten sich ergeben.
Mit dem XII. Jahrhundert gestaltete sich die Sachlage gänzlich um. Das Gebiet
der Mürz und der oberen Mnr trat aus der Abhängigkeit von Kärnten. Mit der Erwer-
bung desselben durch die Markgrafen von Steier, welche auch dem neuen Verwaltungs-
landstriche den gleichen Namen gaben, brach die frühere Gauverfassung auf diesem Boden
zusammen. An die Stelle der früheren Grafen trat jetzt ein einziger, an die der allgemeinen
Interessen das Einzelinteresse des letzteren und an jene der stark demokratischen Verwaltung
die feudale des Landesherrn. In seinem Gefolge kamen aus altbairifchen Landesstrichen
Viele, die er für Dienste und Treue mit Grund und Boden belohnte; bereits Ansässige
schlössen sich seiner großen und einheitlichen Macht an und in seinem Auftrage, unter
seinem Schutze oder mit seinem Willen gingen sie daran, ihre Sitze zu befestigen. Denn
was sie an solchen Anlagen errichteten, diente ihm und zugleich dem Lande und allgemeinem
Wohle. Es vollzog sich das wunderliche Ergebniß, daß mit der Vereinigung der getrennten
Grafengewalten in einer Hand das Land sozusagen pareellirt wurde und sonach jeder
Grundherr, ob Lehensmann oder Freier, selber für die Sicherheit seiner Parcelle und
seiner Unterthanen zu sorgen hatte.
Das ist die Zeit der Entstehung der eigentlichen Burgen bei uns. Die Culturwelle,
die seit Jahrhunderten von Westen nach dem Osten streicht, hat sie in langsamem Schritte
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Steiermark, Volume 7
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Steiermark
- Volume
- 7
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1890
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.09 x 22.51 cm
- Pages
- 432
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch