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daß die Weisen neu wären und nicht besser sein könnten, nicht zu lang und nicht zu kurz,
nicht zu nieder und nicht zu hoch. Von einem Leich insbesondere sagt er, daß er ihn mit
hohen Noten und sogar mit schnellen Noten gesungen habe, wofür ihm mancher Fiedler
dankbar war. Schade, daß keiue Weise dieses ältesten bekannten und, wie scheint,
beliebten steirischeu Componisten auf uns gekommen ist. Als später dem Adel die Lust zum
Dichten und Singen verging, regte sich dieselbe in den Städten und rief da Meister-
singerschulen ins Leben. Von einer solchen in Steiermark fand sich keine Spur; daß es
auch hier einzelne Meistersinger gegeben, ist nicht unwahrscheinlich. Unter den angeblichen
Gründern der Meistersiugerschast erscheint ein „Cantzler Aufinger" aus Steiermark.
Doch von irgend welcher Bedeutung für die Entwicklung der Musik war der
Meistergesang in Steiermark gewiß nicht. Die einzigen musikalischen Unterrichts-
anstalten im Laude während des Mittelalters und darüber hinaus waren die Kloster-,
Stifts- und Pfarrschulen und fahrende Schüler und Spielleute, neben den aus jenen
Schulen hervorgegangenen Cantoren, Schulmeistern und Organisten, die Musiklehrer.
Im XVI. Jahrhundert — hier und da wohl auch schon früher — gesellten sich diesen
Musikkräften die Stadtturner und in Graz die landschaftlichen Trompeter mit dem Heer-
pauker bei uud die Fahrenden wurden namentlich in den Städten durch seßhaft gewordene
Musikanten, von welchen die in Graz 1650 ein Znnstprivileginm erhielten, mehr und mehr
verdrängt. Für den Unterricht der adeligen Jugend im Tanz und der Musik wurden im
Jahre 1545 und später von den Landständen ein wällischer Tanzmeister und ein Lauten-
schlager bestellt. Seit der Verbreitung des Protestantismus waren auch die protestantischen
Schulen eifrige Pflegestätten der Mnsik, insbesondere die evangelische Stiftsschule und die
Stiftskirche zu Graz, für welche das Land bedeutende Opfer nicht gescheut hat.
Für die Gestaltung der musikalischen Zustände und die Geschmacksrichtung war es
gewiß nicht unwichtig, daß Graz im Jahre 1564 Residenz des Landesfürsten wnrde und
es über 60 Jahre lang blieb. Erzherzog Karl, ein großer Freund der Musik, brachte feiue
Hofkapelle mit, welche um das Jahr 1580 aus einigen Sängerknaben (Sopranisten)
unter der Leitung des Lampertns de Sayve, zehn bis vierzehn Sängern, worunter auch
Altisten, aus dem Organisten, fünf bis sechs musikalischen Hoftrompetern mit dem Heer-
pauker und noch aus einigen anderen Jnstrnmentisten bestanden hat. Unter ihren Mit-
gliedern gab es verhältnißmäßig viele Italiener; selbst Sängerknaben, wie auch Musikalien
und Instrumente, wurden mit großen Kosten aus Italien, namentlich aus Venedig
geholt. Die Kapellmeister und Organisten waren fast alle Italiener.
In die Kirchen beider Confeffionen war neben der mehrstimmigen Vocalmusik auch
die Instrumentalmusik siegreich eingezogen; nur der Verwälschung und Verdrängung der
„christlichen Gesänge der vortrefflichen alten deutschen kunstreichen Meister durch die
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Steiermark, Volume 7
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Steiermark
- Volume
- 7
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1890
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.09 x 22.51 cm
- Pages
- 432
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch