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So verschlinge, du Erde, die Todten, Keinen Menschen hat sie nicht gekannt.
So laß die Lebenden bleiben! — Sie ist zurückgegangen sieben ganze Jahr,
Als herum ist kommen der Morgen, Sieben ganze Jahr und drei Tage.
Keine Sprache hat sie nicht verstanden,
Offenbar will das Lied sagen: die nach dem Verschwinden des Bräutigams lebend
zurückgebliebene Braut fand sich in weiter Ferne, wo sie weder die Sprache verstand, noch
einen Menschen kannte. Der Weg, den sie zu Pferde in wenigen Stunden durchjagt hatte,
wurde von hier nun in die Heimat zurückgelegt in sieben Jahren und drei Tagen.
Noch viel merkwürdiger ist eine andere Ballade, die geradezu au die Gudrnn
erinnert. Sie ist vielgesuugeu und allbekannt in Gottschee unter dem Namen: „Die schöne
Meererin (di scheanne Merarin)". Schon der Ausdruck Meererin für Meeranwohnerin ist
auffallend. Der Inhalt ist unbedeutend, erst wenn man an Gudrun denkt, gewinnt er an
Bedeutung und ist dann eigentlich erst zu verstehen.
Um von der monotonen Singweise der epischen Volksdichtung in Gottschee eine
Probe zu geben, theilen wir hier die Melodie dieser interessanten Ballade mit, die wir
der Güte des Herru Regierungsrathes Dr. Fr. Keesbacher danken.
Bie wrne ischt aus dai Me - e - ra - rin, dai scheaue, dai jun - ge Me - ra-riu.
Die schöne Meererin.
Wie früh ist auf die Meererin,
Die schöne, die junge Meererin.
Sie steht morgen gar früh auf, Von dem Finger er zieht ein Ringlein:
Nimm hin, du schöne Meererin!
Ich bin nicht die schöne Meererin,
Ich bin die Windelwäscherin!
Drauf setzen sie sie aufs Schifflein klein
Und fahren übers breite Meer.
Sie geht waschen die weiße Wäsche,
Zum breiten Meer, zur tiesen See.
Sie hebt an, sie wäscht schön.
Auf dem Meer, da schwimmt ein Schifflein klein,
Darin da sitzen zween junge Herrn.
Guten Morgen, du schöne Meererin,
Du schöne, du junge Meererin!
Schön Dank, schön Dank, ihr junge Herrn,
Viel gute Morgen hab ich wenig. Du bist gleichwohl die schöne Meererin,
Die schöne, die junge Meererin.
Sie nahm ein Tüchlein in die Hand
Und fuhr übers breite Meer.
Und wie sie dann hin ist gekommen.
Dort grüßen sie sie und halsen sie sie,
Und küssen sie die Meererin,
Die schöne, die junge Meererin!
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Kärnten und Krain, Volume 8
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Kärnten und Krain
- Volume
- 8
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.41 x 23.03 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch