Page - 66 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (2), Volume 9
Image of the Page - 66 -
Text of the Page - 66 -
66
lavagleich hervorbricht. Bei Dammpartien, die auf sandigen Grund gebant sind, ist es
kein seltener Fall, daß das Erdreich unter dem Damm zu „fließen" beginnt. Dies geschah
zum Beispiel bei der kürzlich eingestürzten Kis-Tiszaer Schleuse, wo der Sand nnter dem
Bau „in's Laufen kam". Dies sind die heimtückischesten Angriffe des Wassers, eine wahre
Minirarbeit, welche den unterwascheneu Dammkörper zum Krachen und Stürzen bringt
und dem Wasserschwall das Thor öffnet. An solchen gefährdeten Stellen setzt man
„Käsige" oder geradezu Reservedümme anch in die innere Böschung des Dammes,
während sonst aller Erdaufwurf vor den« Damme auf der Flußseite zu geschehen pflegt.
Die Käfige sind starke Pfahlzäune, mit Erde, Gestrüpp, Stroh, Rohr ausgestopft; sie
haben an solchen Punkten die emporgewühlten Erdmassen aufzufangen und die „Rutschung"
iu der Sohle des Dammes aufzuhalten. An den Stellen solcher Rutschungen und über-
haupt an solchen Punkten, wo man plötzlichen Dammdurchbrnch befürchtet, stellt man vor
den gefährdeten Pnnkt ganze Schiffe, angefüllt mit Hunderten, ja zuweilen Tausende»
von Kubikmetern Erde und Erdsäcken, bereit, im Augenblicke der Noth sammt ihrem Inhalt
versenkt zu werden.
Im Allgemeinen verursacht das Herbeischaffen der Erde die meiste Mühe, da man
sie nicht der Grundlage des Dammes entnehmen kann, was den Dammkörper schwächen
würde; das Überschwemmungsgebiet ist selbstverständlich mit Wasser gefüllt, aber auch
der gesicherte Raum neben dem Damme liegt meistens tief und ist daher im Über-
schwemmungsfalle gewöhnlich mehrere Fuß hoch mit aufquellendem oder durchsickerndem
Wasser bedeckt. Das schmale Band des Dammes zieht zwischen dem Überschwemmungs-
gebiet und den Jnnenwässern, meerähnlich beide, dergestalt hin, als hätte man zwischen
den beiden blitzenden Spiegeln mit dem Pflug eine schwarze Grenzfurche gezogen; sonst
ist weit und breit kein Land zu sehen. Deßhalb muß die Erde meistens von entfernten
Anhöhen, zuweilen vom jenseitigen Ufer des Flusses aus stundenweiter Entfernung auf
Schiffen geholt werden.
Diese Schiffe sind meist Fahrzeuge mit flachem Boden und sehr verschieden au
Form und Fassungsraum, sie variireu vom bauchigen Kahn bis zur Plätte vou geriugem
Tiesgang. Die kleineren werden von kräftigen Ruderern gelenkt, die größeren an Schlepp-
dampfern bngsirt. Eine große Rolle spielen beim Transport von Erde und anderem
Schntzmaterial »och die Pontons, welche durch Leichtigkeit, bedeutenden Fassnngsranm
und die Möglichkeit, sie je nach Bedarf aneinander zu hängen oder aufzulösen, für die
Schutzarbeiten sehr geeignet erscheinen, besonders wenn sie von fachkundigen, geübten
Leuten, zum Beispiel Soldaten, verwendet werden.
Ohne militärische Hilfe ist »ämlich an Schutzarbeiten größeren Umfanges kaum zn
denken. Die Militärkommanden stellen auf Ansuchen der Civilbehörden stets mit größter
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Volume 9
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (2)
- Volume
- 9
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.56 x 21.98 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch