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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (2), Volume 9
Page - 124 -
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124 Der Charfreitag ist im ganzen Lande der Tag der stillen Betrachtung und des Fastens; selbst der Calvinist fastet an diesem Tag und kocht nur Weichselsuppe und Mohnmehlspeise. Am Charfreitag uud Charsamstag steckt man die Pflugschar uicht in die Erde, denn an diesen Tagen ist Christus in ihr begraben gewesen. Der Glanz nnd das bewegte Leben der Frohuleichnamsproeession mit ihren weiß- gekleideten Mädchen und andächtigen Gesängen erfüllt die Kirchenplätze uud Straßeu. Die Krone der Processionen in Ungarn ist ohne Zweifel der festliche llmzng in der Hauptstadt am Sanct Stefanstage (20. August), wobei die Reliquie des heiligen Königs, die „glorreiche heilige Rechte", umhergetragen wird. An der Procession betheiligen sich unter Führung der gesammten Geistlichkeit die Honoratioren, Amtsstellen, die Bevölkerung der Hauptstadt und zahlreiche Leute, die selbst aus entlegenen Comitaten zu dieser Gelegenheit in der Volkstracht ihrer Gegend herbeipilgern. Am letzten Abend des Jahres will jeder noch ein letztes Mal vom reichbeladenen Tische satt werden; nach Eintritt der Dämmerung krachen die Aschentöpfe, Flinten nnd Pöller, unter den Fenstern erklingen die gewohnten Sylvestergrüße, denn eine Kinderschar singt in jeder Straße an fünf oder sechs Thüren: „Einer ist gestorben, hör' doch kein Gelänte, Auch im Sterbehause weinet Niemand heute. Gleich am Sterbetage trug man ihn zu Grabe, Tags darauf dem Todten kam zur Welt ein Knabe. War nie eine Mutter und gebar doch Tage, Dreihundertfünfnndsechzig Kinder, gut vom Schlage" — u. s. m. Ähnliche Gesänge gibt es auch im Fasching, weiln die Bursche, mit langen Holz- spießen bewaffnet, von Haus zu Haus gehen, die erhaltenen Gaben an den Spieß stecken, und wenn er voll ist, mit der Beute heimkehren, ein Gelage anzurichten. Die Nachmittage der Feiertage verbringt das junge Volk überall mit Spiel und Tanz. Manchmal wird auf dem Hofe des Wirthshauses getanzt, am beliebtesten aber ist die (spielende) Unterhaltung auf dem Anger, wo Ball geschlagen und umhergelaufen wird. Der Kreistanz der Ungarn an der unteren Donau ist ein interessantes Schattspiel. So viele Mädchen und junge Frauen im Dorfe — oft zu Hunderten —, Hand in Hand stellen sie sich alle in einen Kreis und tanzen singend von rechts nach links. Das Lied ist gewöhnlich ein ungarisches Andante. Immer andere Lieder werden angestimmt, bis endlich die in der Nähe müßig stehenden Bursche sich auf die Mädchen stürzen und den Kreis zerreißen, worauf Lied uud Tanz ins Allegro überschlagen. Im Fasching, am Tage der zweiten großen Kirchenfeste, sind heute auch geordnete Bälle nicht mehr selten. Auch das Volk der Puszta nud Tanya will nicht hinter den Städtern
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Ungarn (2), Volume 9
Title
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Subtitle
Ungarn (2)
Volume
9
Editor
Erzherzog Rudolf
Publisher
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Location
Wien
Date
1891
Language
German
License
PD
Size
15.56 x 21.98 cm
Pages
682
Keywords
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Categories
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