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Wassers gemischt werden darf. Dies geschieht an sonnigen Frühlingstagen nnd da prasseln
ans den Tarhonya-Rentern, dnrch welche der Teig von vier oder sinn Paar knochigen
Händen geknetet wird, die kleinen, schrotartigen Körner lustig nieder und trocknen ans
den Tischen, die mit weißen Tüchern bedeckt, sich längs des Hofes reihen, eine beliebte
Sommerspeise.
Mit ähnlicher Sorgfalt bereitet man eine andere Art getrockneter Mehlspeise, den
„Lebbeucs". Beide können in trockenem Zustande lange aufbewahrt werden, sind nahrhafte
nnd leicht zuzubereitende Speisen, weßhalb sie nicht nur bei deu Schäferhürdeu oder im
wöchentlichen Muudvorrath der Dienstboten, sondern selbst auf dem Speisezettel der
Herren Ingenieure, die aus der Puszta beschäftigt sind, eine hervorragende Rolle spielen.
Noch wichtiger ist das Seifekochen, welches eine richtige altnngarische Hansfrau noch jetzt
mit Sodasalz vollführt, deun es ist wohl wahr, daß dies eine zwei- bis dreitägige Arbeit
bedeutet, dafür aber mag dann gleich der König selbst kommen und das Resultat bewundern.
Weiß wie Batistleinwand ist die Seife; hart wie Stein; sie schäumt vortrefflich nnd
wetzt sich doch nicht ab, uud fett ist sie auch nicht; außerdem lohnt schon ihre „blaue
Seife" die Mühe, welche die mit reiner Soda gekochte gar nicht hat. Nicht einmal ihre
Lange wird weggegossen, denn auch sie ist Goldes werth beim Gespinnstwaschen. Auch
bestrebt sich jede tüchtige Hausfrau, möglichst viel Seife zu haben, denn das Ehrenwappen
des Hausherrn auf dem „Meisterbalken" (Hauptbalkeu der Zimmerdecke) sind die Bücher,
das der Hausfrau aber die Seife! Und dann wäscht eine tüchtige Hausfrau gar nicht mit
heuriget Seife, da diese noch nicht trocken genug ist. Will mau aber, daß auch vorjährige
vorhanden sei, dann muß man die Grieben der geschlachteten Schweine beizeiten mit
Asche überschütten, sonst wird Alles von der genäschigen Dienerschaft gemanst. Da nnn die
gnte Seife ein so wichtiger Artikel im Haushalte ist, kann es nicht Wunder nehmen, wenn
ihr Kochen förmlich als Unterhaltung gilt, zu der sich, wie zu irgend einem Feste, die
Vertrauten des Hanfes versammeln, ja die Mädchen aus der Verwandtschaft eigens bei'
eommandirt werden, damit sie etwas lernen. Mit der peinlichsten Vorsicht, aber doch nnr
aufs Gerathewohl, Handvoll nach Handvoll, mißt man die Elemente der Lauge ab,
das Sodasalz uud deu Kalk, und thut sie behutsam iu den Kessel; und während das
Gemengsel siedet, umstehen die sonst von Reinlichkeit schimmernden Gestalten, gleich
Macbeth's Hexen, mit ihren abgetragensten Kleiderlappen behängt, den britzelnden Kessel,
in der Hand die Feder zum Laugemessen, die sie von Zeit zu Zeit in die Flüssigkeit
tauchen. Wenn die Lauge plötzlich die eingetauchte Feder verzehrt, so ist dies ein Zeichen,
daß sie stark genug ist. Nuu gönnt man auch der Flüssigkeit etwas Ruhe in einem großen
Bottich, uud wenn sie sich gesetzt hat, gießt man die reine Lange neuerdings ans nnd thut
das Fettzeng hinein, das dann mit großen eisernen Löffeln langsam um nnd um gerührt
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Volume 9
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (2)
- Volume
- 9
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.56 x 21.98 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch