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Thiere Messer, ans ihren gebrochenen und zugeschärften Röhrenknochen Meißel, Pfeil-
spitzen, Nadeln, aus den Knochen des Rindes aber Netzbeschwerer und Schlittschuhe. Die
uuzähligeu Hügel, die sich auf den Überschwemmungsgebieten der Alföldslüfse erheben,
bezeichnen die Wohustätteu der damaligen Menschen. Diese Hügel gleichen im Ganzen und
Großen den Terrainaren des Po-Thales. Sie waren Pfahlbauten am sumpfigen Fluß-
nser, Gruppen von Hütten aus Flechtwerk, das mit Lehm ausgeschmiert war; die Kücheu-
absälle, zerbrochenen Gefäße nnd Geräthe, sowie jegliche Art von Schmutz fiele» da
zwischen die Pfähle hiuab und füllten mit der Zeit den leeren Raum unter der Hütte
völlig aus. Wenn dann übler Geruch uud überHand nehmendes Ungeziefer die Hütten
unbewohnbar machten oder zufällig ein Braud sie verwüstete, dauu verließen die Bewohner
den Platz und ließen sich in der Nachbarschaft nieder, von wo sie mit der Zeit aus deu
nämlichen Gründe» wieder auf die uuterdeß rein gewordene alte Stelle zurückkehrten und
ihre Hütten immer wieder aufbaute», Jahrhunderte hindurch, so daß sich auf diese Weise
mächtige Hügel emporthürmten aus nichts als Abfällen nnd Kohlenschichten, Hügel, deren
Flächenraum, wie zum Beispiel auf der Puszta vou Töszög, zehn Joch uud mehr einnimmt.
Die jährliche Überschwemmung der Theiß spült oft den einen oder anderen Theil dieser
Hügel weg und dauu erblickt mau die viele» Schichte» über ei»a»der, manchmal mehr als
zwanzig an der Zahl. Ihre Anzahl beweist, daß viele Jahrhunderte vergingen, ehe der
Hügel seine jetzige Höhe erreichte, und auch daß die Entwicklung der Cnltnr eine gar
langsame war, denn die in den oberen Schichten gefundenen Werkzeuge, Kücheuabfälle uud
Scherben unterscheiden sich kaum vou deueu, die iu deu unteren Schichten vorkommen.
In der obersten Schichte fanden sich auch einige Reste aus einer späteren Zeit, so
auf dem Hügel von Töszög eine beinerne Schnalle und ein goldenes Ohrgehänge aus der
Völkerwanderuugszeit. Deuuoch aber kann man sich auf Gruud der armseligen Reste einen
Begriff von der primitiven Cultur der Ureinwohner bilden. Sie lebten als Fischer nnd
Jäger; dies beweisen die zahlreich vorkommenden Schichten ans Schalen von Flnßmuschelu,
die Fischschuppen in Töpfen, die durchlöcherten Wildschweinhauer, die Bäreuzähue, die
Reh- uud Hirschkuocheu, die sämmtlich gespalten sind, da nur auf diese Art dem Mark
beiznkommen war; hie und da aber findet man auch verkohlten Weizen uud Hirse, jeue
Mettscheu kannten also bereits den Ackerbau, ihre thöuerueu Töpfe jedoch verfertigten sie
noch ohne Töpferscheibe uud die Eindrücke ihrer Finger bilden das einfachste Ornament
derselben; zuweilen drückten sie auch eine geflochtene Schnnr im weichen Thone des
Gefäßes ab. Diese Schnüre und die kleinen durchlöcherten Thonscheiben, welche bald als
Netzgewichte, bald zur Beschwerung der Fäden beim Weben dienten, beweisen, daß den
Franeu die Künste des Spinnens, Webens nnd Netzknüpsens nicht fremd waren. Perlen
ans Thou und durchbohrte Hirsch- uud Wildschweiuzähue dienten als Halsschmuck, ja
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Volume 9
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (2)
- Volume
- 9
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.56 x 21.98 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch