Page - 176 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (2), Volume 9
Image of the Page - 176 -
Text of the Page - 176 -
176
erheben sich dicht und abwechselnd Dörfer, Städte, die schon in den ältesten Urkunden
bevölkert erscheinen.
In den tranrigen Tagen der tatarischen Verheerungen, wie nicht minder unter der
langen türkischen Botmäßigkeit, erhält sich immerhin das Volk der Gegend. Die Einwohner
flüchten theils auf die Inseln der Donau, theils in die gegen die Mitte des Comitats hin
liegenden Rohrsümpfe, bis die ärgste Gefahr vorbei ist; in der Türkenzeit aber erhalten sie
dnrch Klugheit und findige Vorsicht, die oft bessere Schutzwehr sind als eine steinerne
Mauer, ihre Stadt unversehrt. Sie werden treue Steuerzahler der Paschas und wenden
Plünderungen dnrch freiwillig dargebrachte Geschenke ab. So können die türkischen
Statthalter das Volk alljährlich neu brandschatzen, während, wenn sie ihm seine Häuser
zerstören wollten, die Beute zwar einmal reichlich wäre, das Volk aber auseinanderstieben
würde. Sie lassen also die Leute in Ruhe und sichern ihnen sogar durch Schutzbriefe eiu
friedliches Leben zu. Selbst geringere Ortschaften bewahren unter ihren Urkunden noch
zahlreiche Erinnerungen an die Gunst der Paschas, zuweilen in ungarischer Sprache. So
besitzt Dömsöd einen Brief der Türken von Kalocsa aus dem Jahre 1686, der ein
interessantes Licht auf die damaligen Zustände wirft. Wie aus dem Schreiben hervorgeht,
bestellen sich die Dömsöder, um auch mit den Deutschen ihren Frieden zu haben, einen
dentschen Wächter für das Dorf, zeigen dies aber, damit es ihnen nicht übel genommen
werde, den Türken an. Diese merken die Absicht und sagen: gut, nur möge jener Wächter
sich nicht außerhalb des Grabens zeigen, den das Dorf umzieht. Und für den Fall, daß
Kriegshaufen an das Dorf herankämen, so wird den Dömsödern gerathen, daß sich zuerst
ein Bauer am Graben zeige, dann solle kein Unheil geschehen (da nämlich der Feind dann
keinen bewaffneten Widerstand besorgen werde). Der hierauf bezügliche Anfang des
Briefes lautet:
„Euren Brief, Ihr Guten, haben wir erhalten. Wohl wissen wir, was Ihr Guten
von uns heischet. Gebe Gott, daß Ihr gute Landwirthe bleiben könnet. Wohl verstehen
wir, daß Ihr einen deutschen Wächter gebracht habt. Aber, Gute, nicht gebe es Gott, daß
wir Euren Wächter stören sollten; vielmehr haltet ihn zu Eurem und Euren Gutes
Schutz. Wir geben bei unserem wahren Glauben als türkische Herren diesen unseren Brief,
Gute, in Euere Haud, das ganze Heer zusammen, daß wir Euch kein Leides thun, vielmehr
Ench beschützen werden; nur daß wir, Gute, Euch befehlen, daß Ihr den Hüter nicht
außerhalb des Grabens herauslasset; denn vielerlei Menschen gehen umher, wer weiß,
was ihm draußen zustoßen mag? Indessen möge die Stadt keinen Hajduckensoldaten
einlassen, sonst möchte sie selber mit ihnen Böses befahren. So Ihr irgend einen Menschen
oder Heerhauseu sehet, möge ein Bauersmann zuerst au den Graben kommen. — —
Bezdan Aga von Kaloesa, Hassan Aga, Hassan Tihaja und das ganze Heer."
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Volume 9
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (2)
- Volume
- 9
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.56 x 21.98 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch