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zur achtclassigen vervollständigt. Eine Mission aber, wie sie das Gymnasium von
Nagy-Körös erfüllte, steht fast ohne Gleichen da. Wohl keine Schule hat einen solchen
Einfluß auf die Bevölkerung der Stadt gehabt und ist so mit dem localen Gemeingeist
verwachsen, wie diese. Der Grund hievou ist hauptsächlich darin zu suchen, daß die Leiter
der Kirche, also auch die Aufseher der Schule die nämlichen sind, von denen die bürger-
lichen Angelegenheiten der Stadt geleitet werden. Vor Alters war der Oberrichter
gleichzeitig Oberkurator der Kirche und fand kein Opfer zu groß für die Schule. Die
Professoren derselben waren zeitweilig die ersten Gelehrten des Landes. Unter deu ältereu
ist der bemerkenswertheste Stefan Losonezi, dessen Gesänge nnd besonders der „Kis-
Tükör" (kleine Spiegel) ihre Wirkung ein Jahrhundert lang ausgeübt haben. In den
Fünfziger-Jahren aber konnte sie sich einer Schar von Professoren rühmen, wie keine
einzige Hochschule des Landes. An ihr lehrten: Sigmund Äcs, Johann Arany, Franz
Mentovich, Franz Salamon, Karl Szabö, Karl Szäsz, Alexander Szilägyi, Anastasins
Tomory und Andere. Darauf wird Nagy-Körös immerdar stolz sein. Kecskemet aber
brüstet sich mit seinem Sohne Josef Katona, dem berühmten Dichter der Tragödie „Bank
Ban", dessen gelungene Büste auf der schönen Promenade an der Eisenbahn zu sehen ist
und dessen Geburtshaus 1883 mit einer Gedenktafel versehen wurde.
Außer den höheren Lehranstalten erhält Kecskemet noch eine landwirthschastliche
und eine Bürgerschule, Nagy-Körös eine resormirte Lehrerbildungsanstalt nnd höhere
Töchterschule; in Czegled, wo es noch immer blos eine Bürgerschule gibt, hat kürzlich eiu
Bürger eine Stiftung von 140.000 Gulden für die Errichtung eines „Kossuth-Gymnasiums"
gemacht. Der Elementarunterricht hat sich in allen drei Städten rasch entwickelt. Nicht
nur die Städte sind mit gut eingerichteten und ausgestatteten Elementarschulen in
genügender Anzahl versehen (in Nagy-Körös hat eine wohlthätige Wittwe allein drei
Volksschulen gegründet), sondern auch die verschiedenen Puszten und Tanyas (Kecskemet
hat 13 Pusztaschuleu), so daß heute schwerlich mehr ein viel erzählter nnd viel belachter
Fall vorkommen könnte, wie zn Anfang des Jahrhunderts, wo ein Kecskemeter Pnszten-
Dirnlein, das zum ersten Male in die Stadt kam und von weitem den Thurm der großen
Kirche erblickte, ausgerufen haben soll: „Ei, was hat das Haus dort für einen großen
Ranchfang!" Alle drei Städte beeifern sich in löblicher Weise, um ihren materiellen nnd
geistigen Fortschritt zu fördern. Auch für die Entwicklung des gesellschaftlichen nnd
geselligen Sinnes wird Manches gethan. Die öffentlichen Vergnügungsorte ziehen immer
mehr Publikum an sich. Das Szechenyi-Wäldchen oder der Czifrakert (putzige Garten) in
Nagy-Körös sind geschmackvoll angelegte, prächtige Parke, die im Sommer viel besucht
werden, desgleichen auch der Mustergarteu und in Czegled der Rikli-Garten, beide mit
Dampfbädern. Außerdem dieuen noch die Friedhöfe als beliebte Promenaden. Nicht minder
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Volume 9
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (2)
- Volume
- 9
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.56 x 21.98 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch