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Entfernungen gab es keinen Banm, ihn in seinem Fluge aufzuhalten. Wo er einen
Baum, oder auch nur einen Grabenrand traf, da schlug er sich in dünnen Schichten nieder,
die dann Jahr um Jahr dicker wurden. Wo er auf jnnge, nur wenige Tage alte Saat
stieß, da sengte er sie am Halm ab und am nächsten Morgen stand die zarte Pflanze
verschrumpft, verdorrt da. Gegenwärtig hindern an den meisten Stellen die vielen Bäume
den Wind, sich des Sandes zu bemächtigen. Auch haben die Leute gelernt, den Boden
vor dem Pflügen mit langhalmigem Stroh zu bestreuen, an dem der Sand seinen Halt
findet. Überdies wird fleißig gedüngt. Das fortgesetzte Düngen hat den Sand nicht nur
gebunden und fruchtbar gemacht, sondern ihm auch eine dnnklere Farbe verliehen.
Seit fünfzehn Jahren kommt in der Gegend von Pötharaszt und Vatya, wo sonst
in jedem Frühluug und Herbst gewaltige Staubwolken ihr Unwesen trieben, dergleichen
nicht mehr vor. Bei Nyäregyhaza hatten die Grafen Beleznay irgend einmal längs ihrer
Grenzen einen einfachen Zaun gezogen, um ihr Besitzthum zu Däuos gegen den vom
Winde einhergefegten Sand zu sichern. Der Sand machte an dem Zaune Halt, bildete
nach und nach Hügel nnd seitdem ist Dänos sandfrei.
Was man in kurzer Zeit aus einer Puszta machen kann, das sieht man am besten an
der Puszta Vacs, welche durch die Kohärysche Erbschaft herzoglich Coburgfches Eigenthum
geworden ist. Ehedem bestand daselbst ein Dorf, das dnrch die Türken vernichtet wurde;
die Einwohner fanden sich später wieder zusammen und übersiedelten mit ihrem Geistlichen
nach Nagy-Körös. Alles war Wüstenei. Mit Ausnahme des Waldes bestand die ganze
Fläche von 18.000 Joch aus lauter Sandhügeln. Die Leute von Kecskemet hatten den
Pacht (ein dortiger Bürger Namens Johann Kalocsa war einstmals Pächter des ganzen
Gebiets und bezahlte dafür Alles in Allem 55 Thaler und ein Paar mit Taffet gefütterte,
karmoisinrothe Stiefel), sie benützten das Ganze als Weidegrund. Erst im Jahre 1837
übernahm die herzogliche Familie die Puszta in Hausbetrieb. Damals bot sie ein paar
tausend Schafen und etlichen Schäfern Nahrung, ein Wohnhaus war auf ihr nirgends
zu finden. Alles mußte von Grund auf begonnen werden. Da hieß es die Macht des
Windes brechen, das Weideland in Äcker verwandeln, von weither Arbeitskräfte holen,
Wohnhäuser und Wirthschaftsgebäude errichte». Und all das geschah, und zwar mit
wunderbarem Erfolge. Heute ist die Puszta in neunzig große Tafeln abgetheilt (die
Wälder ausgenommen) und zwischen den Tafeln ziehen breite, zur Viehweide geeignete
Straßen dahin, beiderseits mit fünf- bis siebenreihigen Akazienalleen eingefaßt, welche als
Windsänge dienen. Die Felder werden regelmäßig bewirthschaftet, und in dem Sande, den
einst der Wind von Ort zu Ort trieb, gedeihen jetzt Raps, Weizen, Tabak und Lnzerne.
Mitten auf der Puszta steht eine Dampfmühle, um das Getreide zu mahlen, und eine
Spiritusbrennerei, um die Kartoffelernten zu verwerthen. Ein schönes Gestüt, dessen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Volume 9
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (2)
- Volume
- 9
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.56 x 21.98 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch