Page - 273 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (2), Volume 9
Image of the Page - 273 -
Text of the Page - 273 -
273
Der Alsöld-Magyare ist ein Orientale. Er spricht fortwährend anschaulich, in
Gleichnissen. Er ist ernst, aber nicht trocken von Sinnesart. Seine Poesie, dieses zurück-
gestrahlte Licht der Weltanschauung und Religion seiner Urahnen, bevölkert die freie Luft
uud den gestirnten Himmel, Fluß und Hain. Seine Lebensweisheit ist gesund nnd praktisch
und äußert sich, seinem einsilbigen Ernste gemäß, in kurzen Sprüche».
Aarangod und Taktaköz.
Nach Norden nnd Nordosten vom untersten Laufe des Sajö, einerseits am linken
Ufer des Hernäd bis zur Linie von Meggyaszö, anderseits am rechten Theißufer bis an
den südlichen Fuß der Hegyalja hinauf, erstreckt sich als ein unregelmäßiges Dreieck jener
Zipfel des Alföld, dessen größeres nordwestliches Stück im Volksmunde Harangod oder
die Harang oder Puszta, das kleinere, südöstliche Stück aber Taktaköz heißt. Dieses
Gebiet mit etwa sechsundzwanzig Gemeinden und fast dreimal so vielen Tanyas, Pnszten
und Meierhöfen ist ein besonders schöner und interessanter Bestandtheil der großen Ebene.
Mit seinen sanft geneigten Erhebungen und besonders den in der Nordhälfte des Harangod
immer höheren Staffeln seiner breitrückigen und noch breiter aufgelagerten Bodenwellen
dient es nämlich dem benachbarten Bergland gleichsam als Schwelle, mit der dasselbe
verschmilzt, aber es zeigt uns anch auf seiner Oberfläche von kaum mehr als 780 Quadrat-
kilometer zwei Gegenden von sehr verschiedenem Charakter, deren eine, der höher nnd
freier gelegene Harangod, dem Ackerbau und Handelsverkehr, der inselartige Taktaköz aber
mehr der Viehzucht einen sehr geeigneten Spielraum bietet.
Der Harangod, der das Südende des Zemplöner Eomitates bildet, hat einen
vorzüglichen schwarzen Boden, hier nnd da mit sodahaltigen, an seinem Nordrande mit
kiesigen (besonders mit Kalkstein und Kalktuff durchsetzten) Partien. Der Boden des
Taktaköz hingegen, der trotz seiner geographischen Lage zum Szaboleser Eomitat gehört,
zeigt einen zähen schwarzen Lehm, von sandigen Strichen und Hügelrücken unterbrochen.
Den Namen Harangod erklärt die Überlieferung damit, daß in der Türkenzeit die
Räköezys, um diese militärisch und wirthschaftlich ihnen gleich wichtige Gegend wirksam
zu vertheidigen, bei den Ortschaften Gesztely, Hernäd-Nemeti, Hidveg, Kesznyeten und
Tisza-Lücz, welche strategisch wichtige Punkte waren und in den Kriegen des XVII. Jahr-
hunderts eine bedeutende Rolle gespielt haben, starke Schanzenwerke errichteten mit je
einem hohen hölzernen Wachtthnrm, der eine weithin schallende Glocke enthielt; diese habe
dem Volke das Zeichen zum Rückzug hinter die Schanzen gegeben und gleichzeitig in der
Burg Szerencs, dem Herrensitz der Domäne, es gemeldet, wenn von irgend einer Seite her
ein Feind sich diesem nicht unterworfenen Gebiete näherte. Diesen Glocken (Haranx)
Ungarn II.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Volume 9
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (2)
- Volume
- 9
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.56 x 21.98 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch