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Schweinezucht im Großen, im Taktaköz aber viel Schafzucht betrieben. Den größten Stolz
des Landwirthes bilden Raee-Pferde und langgehörnte Ochsen; kann er sie nicht selbst
züchten, so scheut er, um sie sich zu verschaffen, selbst die Reise nach den Märkten von
Tasnäd, Debreezin, Groß-Wardein, Karczag, Tur und noch entlegeneren Orten nicht.
In nicht geringer Ausdehnung, wenn auch nur znm eigenen Gebrauche, wird bei
diesem Volke die Hausindustrie betrieben. Jede Familie baut, spinnt und webt sich ihr
Leinenzeug selbst. An der Theiß und besonders im Taktaköz werden die Produkte der
Weiden- und Rohrbestände in mannigfacher Weise verarbeitet; das Rohr hat einen
besonderen Werth, es wird nicht nur zum Eindachen von Gebänden, sondern auch für den
Bau von Zäunen, Schafhürden und Tabakspeichern geschickt verwendet. In früherer Zeit
war noch der Fischfang eine lohnende Beschäftigung, jetzt aber ist, besonders im Taktaköz,
der Krebsfang wichtiger und sichert vielen Leuten ihren Lebensunterhalt, obgleich sie ihre
Beute noch gar nicht auf größere Entfernungen versenden.
Die Mineralien sind nur in den nördlichen Theilen der Gegend nennenswerth, wo
außer dem reichlich vorhandenen Kalkstein auch sehr guter Kalktuff gebrochen und namentlich
zum Fundamentiren der Bauten verwendet wird. Zwischen den Kalksteinschichten werden
bei Meggyaszö prächtige Birkeuversteinernngen in Menge gefunden, die aber wegen ihrer
großen Gebrechlichkeit meist nur als Randverzierung für Blumenbeete verwendbar sind.
Unter den Ortschaften der Gegend ist die bedeutendste die Stadt Szereucs, am
Ond-Bache, an der Eisenbahn und der Landstraße nach Harangod gelegen, mit nicht ganz
2.500 Einwohnern. Von ferne sieht sie sich sehr gefällig an, da sie gerade anf die Linie zu
liegen kommt, wo die ungeheuere Ebene ein Ende nimmt und die Gebirgsgegend plötzlich
beginnt, und zwar mit einem nicht gerade hohen (207 Meter), aber steil aufspringenden
Berge, der nach seinem Hauptbestandtheile „küves (steiniger Berg), voin Volke
aber ebenso häufig „Ärpäds Berg" genannt wird; an die zerstreuten Gruppen von
Kalksteinblöcken, welche seine Flanke bedecken, knüpft sich eine locale Sage, welche sie als
die versteinerten Schafe eines verfluchten Schafhirten bezeichnet. Die Wirkung dieses
Landschaftsbildes wird nicht wenig gesteigert durch die zum Theil staffelförmige Anlage
der Häuserreihen an dem schmalen Fuße des Berges und die sie überragenden drei Thürme.
Kommt man näher, so schwindet freilich das Behagen, denn die Häuser sind wohl fest und
theilweise hübsch gebaut, die Gassen jedoch, mit Ausnahme der durchziehenden Landstraße, so
eng uud krumm, als hätte man sie blindlings angelegt. Und doch hat Szerenes eine tausend-
jährige überaus interessante Vergangenheit. Der anonyme Chronist König Belas und die
noch jetzt lebendige Überlieferung sagen uns, hier habe der Eroberer des Landes, Arpäd,
seine zweite große Rast gehalten uud sein Feldherrnzelt auf dem Gipfel des „Köveshegy"
aufgeschlagen. Dann, bevor er mit seinem Heere den Marsch fortsetzte, habe er gleich hier
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Volume 9
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (2)
- Volume
- 9
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.56 x 21.98 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch