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Kerekes in der Geometrie, Lugosy in der magyarischen und orientalischen Philologie,
Ludwig Kuthy in der Poesie einen unsterblichen Name» gemacht. Und gegenwärtig bildet
die Gesammtheit der in Debreezin wirkenden Schriftsteller schon ein ganzes Armeecorps.
Auch die magyarische Schauspielkunst hat Debreezin viel zn verdanken. Schon
im Jahre 1798 erschien daselbst, aus Siebenbürgen kommend, die damalige erste Schauspiel-
truppe und wiederholte ihre Gastspiele bis 1804. In diesem Jahre schenkte Gräfin Josef
Kärolyi der Debreeziner Schauspieltruppe eine vollständig ausgerüstete Theatergarderobe,
welche den Grnnd legte zur gediegeneren Ausstattung des magyarischen Theaters. Die
Schauspieler standen im Solde der Stadt und wurden von ihr engagirt. Alls den
Rechnungen geht hervor, daß es selten ein Deficit gab. Zu jener Zeit befand sich das
Theater im Gasthof „zum weißen Roß", später in einem Nebengebäude der Kürschuerhalle.
Eine Zeitlang blühte die Schauspielkunst in einem Privattheater, das ein Debreeziner
Bürger gebaut hatte. Es wurdeu auch Originalstücke gegeben neben Übersetzungen der
besten ausländischen Werke. Endlich erstand das neue Theater am Anfang der Czegled-
Gasse und dieses ist seit fünfundzwanzig Jahren der Musentempel Debreezins. Zur
Glanzzeit der magyarischen Schauspielkunst, im Jahre 1861, als das Verfafsungslebeu
aufzuflammen begann, beschloß die Gemeinde Debreczin den Ban eines stattlichen ständigen
Theaters und vier Jahre später stand das prächtige Mnsenhans um den Preis von
200.000 Gulden vollendet da.
Die Theatersaison dauert von Anfang Herbst bis zum Sommer, eine vorzügliche
Truppe ist stets gesichert und wird von der Stadt snbventionirt. Jetzt ist sogar schon ein
Pensionsfonds für alte Schauspieler vorhanden. Auch des magyarischen Liedes und der
magyarischen Musik ist bei Debreczin Erwähnung zu thuu. Wie eifrig dieselben hier
augenscheinlich gepflegt wurden, geht aus jenen Magistrats-Beschlüssen hervor, welche zur
Zeit der großen Katastrophen Musik und Gesang eigeys in der ganzen Stadt verboten,
aber auch aus der zu Anfang dieses Jahrhunderts erfolgten Bewilligung, welche dem
Orchester der Studenten ertheilt wurde, während der Theatervorstellungen zu spielen,
jedoch nur in bürgerlicher Kleidung.
Der Debreeziner Gesang („Kantus" — eantus) war so berühmt, daß er zu Leichen-
begängnissen selbst in ferne Gegenden bestellt wurde. Auch in Budapest hat er sich hören
lassen. Die zur Ferienzeit heimkehrenden Studenten verbreiteten Jahrzehnte hindurch die
zur größten Beliebtheit gelangten Melodien, die Lieder Esokonais: „Die mit Irdischen
tändelst als ein Himmelskind", „Tihanys Tochter, o du helle laute", „Abend war's, da
der Befehl kam", „An die Feldflasche in Fohlenhaut", das unvergleichlich schöne Trink-
lied: „Schattengleich hinschwindet ja das Dasein". Im ganzen Lande berühmt waren
zwei Musikercharaktere Debreezius, Boka und Bihar i ; unter den unerreichbar schönen,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Volume 9
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (2)
- Volume
- 9
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.56 x 21.98 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch