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Daß weder die Industrie, noch der Handel sich hier entwickeln konnten, daran
tragen übrigens nicht nnr die auf den Ackerbau hiuweiseudeu Verhältnisse und die
ererbte Abneigung des Hajdnckenvolkes die Schuld; es liegt vielmehr auch darau, daß die
Verkehrswege überaus schlecht und beschwerlich waren und zum Theil noch gegenwärtig
sind. Zwar ist das Gebiet des Comitats schon uach verschiedenen Richtungen von Eisen-
bahnen durchschnitten, desto schlechter aber sind noch jetzt viele Vicinalstraßen, so daß
oftmals, besonders im Herbst, Winter und Frühling, der Verkehr kanm aufrechtzuerhalten
ist. Sobald jener harte schwarze Lehm vom Regen- oder Schneewasser durchtränkt worden,
verwandelt er sich in einen so teigartig klebrigen, Alles festhaltenden Koth, daß die Über-
windung desselben über alle erdenkliche Pferdekraft geht. An manchen Orten pflegt man
zn solcher Zeit selbst die Kinder zu Pferde nach der Schule und daun wieder heim z»
bringen, sonst würden sie in den Gassen versinken. Doch das ist noch lange nicht das
Schlimmste; wie wird es erst, wenn die Pfütze friert! Dann stockt der Verkehr ganz und
gar und es ist im vollsten Sinne des Wortes unmöglich im Wagen zu fahren. Dieses
Hemmuiß wird erst behoben, wenn zeitweilig milderes Wetter eintritt nnd die Gipfel der
festgefrorenen Holpern durch Abschmelzen sich einigermaßen abrunden, so weit wenigstens,
daß die Zugthiere mühselig über sie hinwegstolpern können. Indeß ist man jetzt anch ans
dem Gebiete des Hajdncken-Comitats schon ganz energisch bestrebt, steinerne Straßen
anzulegen, und es sind bereits Straßenzüge von ansehnlicher Länge praktikabel gemacht,
obgleich das Zuführen der Steine von weither, auf den geschilderten unwegsamen Wegen,
den Straßeubau hier sehr erschwert uud kostspielig macht.
Die Häuser des Volkes siud aus Luftziegeln gebaut, mit Rohr gedeckt nnd werden
namentlich innen sehr rein gehalten. Die Wohlhabenderen gehen jetzt anch schon zu
Schindel- und Ziegeldächern über, doch ist das Rohr noch immer am beliebtesten, und
zwar uicht nur wegen seiner Wohlfeilheit, sondern hauptsächlich weil das Hajdnckcnvolk
den Hausboden auch als Speisekammer benützt und besonders Speck nnd Schweinefleisch
daselbst aufzubewahren liebt, diese aber sich unter einem Rohrdach am besten halten. Der
Hof ist in der Regel sehr geräumig, in seiner Mitte steht oft ein Schöpfbrunnen, während
weiterhin das Backhaus, die Schweineställe, die Kukuruzscheuer, die Heuschober und Stroh-
tristen sich an einander reihen. Das „Backhans" (sütö) ist ein kleineres Gebände, dem
Wohnhause gegenüber; da wird gekocht nnd gebacken, namentlich im Sommer. Die Höfe
waren, selbst noch vor kurzer Zeit, mit dicke» Düngerwällen oder Lnstziegelmanern
nmgeben oder blieben wohl auch ganz nneingefriedet; von einem Hausgarten war keine
Rede uud auf den leeren Plätze», welche dafür geeignet waren, wuchs nichts als ein
Urwald von Schierling, üppigen Brennesseln nnd Malven. Jetzt trifft man kanm noch
einen Düngerwall oder nneingezännten Hof, die hübschen Bretter- nnd Lattenzäune mehren
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Volume 9
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (2)
- Volume
- 9
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.56 x 21.98 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch