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betrügt 150 bis 200 Gulden das Katastraljoch, während der Preis der sandigen und sehr
sodareichen Flächen zwischen 10 und 80 Gulden schwankt. Bei den letzten ist anch der
Pacht ein entsprechend geringer, während für die Äcker gnter Qualität 13 bis 18 Gnlden
bezahlt werden. Die Commassirnng ist in mehreren Gemeinden noch nicht durchgeführt,
welcher Umstand die zweckmäßige Bewirthschaftung nngemein erschwert. In nicht wenigen
Fällen ist der Besitz eines Eigentümers in zehn verschiedenen Stücken verstreut, die ein
bis zwei Meilen von einander entfernt liegen. Wo die Güter cvmmassirt sind, stehen die
Tanyas dicht und dann wohnen anch die meisten Landwirthe den Sommer über dranßen.
An Menschenhand ist kein Mangel, nur ist der Arbeitslohn im Vergleich mit anderen
Gegenden hoch.
Charakteristisch für diese Gegenden ist die „Soda" (sM), die anch mitten im besten
Ackerland in größeren oder kleineren weißlichen Flecken vorkommt, an manchen Orten aber
sehr große Striche ausmacht, wo daun der Boden, wegen seines großen Gehaltes an kohlen
saurem Natron, entweder ganz kahl ist oder nur wenige dickblätterige Salzpflanzen hervor-
bringt und, auch wo er mit dem fruchtbare» Boden besser gemischt ist, gut zu Anderem
als zu Weidezweckeu taugt. Solche Einöden, den mittelasiatischen Steppen vergleichbar,
sind z. B. die von Angyalhaza, Hortobägy, Koruyö.
Auf diesen Soda-Puszteu ist nur so lauge Lebe», als die Regenzeit dauert; sobald
der gewohnte Gast, die Sommerhitze, auf deu Fittige» heißer Winde eintrifft, verändert
sich Alles mit einem Schlag. Der Rasen wird roth und dorrt ab, das Wasser der Tümpel
versiegt, die Wasserkolbe senkt ihr Haupt, die schwertblättrigeu Biuseu vergilben, die dolch-
artigen Blätter des Schilfes („Froschdolches") verdorren, sowie Segge, Rietgras, Wasser-
lilie; unter traurigen Rufen ziehe» die Scharen der Wasservögel nach einander davon, die
abgemagerten Herden werden hinweggetrieben, es verstnmmt der frohe Klang der Hirteu-
pfeife uud die Hirtenfeuer verlöschen. Jedes lebende Wesen zieht hinweg, nichts bleibt
zurück als die tiefe Stille. Man könnte sagen, die Pnszta sei gestorben. Die weißen
Sodastreifen, die silberfarbigen länglichen Bette der versiegte» Tümpel gleichen nnn den
weißschimmernden Rippen eines riesigen Skelets, über welche die Fata Morgana ei»
durchsichtiges Todtenlaken breitet. Wie ein Gespenst tritt dann zuweilen vereinzelt ein
Wirbelwind auf. Er rafft den Sodastaub empor uud schlingt ihn um sich wie ein weißes
Leintuch, unter geheimnißvollem Rauschen huscht er an die trockenen Rinnsale heran,
knistert leise durch die dürren Stengel und irrt dann über die stumme Ebene hin, bis er
wieder in Nichts verweht an einem Grabhügel aus graner Urzeit, der düster auf seine
stille Gefährtin, die Puszta, uiederschaut.
Wie ändert sich aber das Alles nach einem tüchtigen Platzregen, weuu die trockenen
Waffermttlde» sich plötzlich mit trüber Flnt füllen nnd das versengte Brachgefild wie
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Volume 9
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (2)
- Volume
- 9
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.56 x 21.98 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch