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endlosen Verheerungen türkischer, deutscher und anderer nmherstreisender Scharen aus-
gesetzt. Diese Verwüstungen, sowie die unaufhörliche Militärverpfleguug, hohe Abgaben
und andere unerträgliche Lasten, dazn noch die feindselige Gesinuuug des neidischen
Coinitats hatten zur Folge, daß der größte Theil der Bevölkerung sich nach uud uach
verflüchtigte und auch die Zurückgebliebenen in ihrem Vermögen derart herunterkamen,
daß die Gemeinde um 1750 nur noch etwa 500 Einwohner hatte und der gesammte
Viehstand sich auf 260 Stück belief.
In so tiefer Gesnnkenheit blieb Nyiregyhäza bis zum Jahre 1752, das eine neue
Epoche seiner Geschichte einleitet. In diesem Jahre nämlich begann einer seiner Groß-
grundbesitzer, Graf Franz Kärolyi, dessen Name in den Annalen der Stadt für immer
denkwürdig bleiben wird, den größtentheils verödeten Ort wieder zu besiedeln, uud
er bevölkerte ihn nach langem Widerstreben der Comitatsstände im Jahre 1753 mit
evangelischen Slovaken der Augsburger Coufeffion, die von Szarvas, Csaba, Mezö-
bereny und Oroshäza kamen oder durch diese aus den oberländischen Comitaten herab-
berufen wurden. Das Schicksal dieser neuen Colonie war anfangs kein beneidenswerthes.
Die Kolonisten waren einer Prüfung nach der andern ausgesetzt; der Streit mit den älteren
Bewohnern zuerst und dann die Plackereien wegen ihres Glaubens verbitterten die
wackeren, arbeitslustigen Ansiedler. Endlich wurde 1757 nach langem Hin und Her in
Sachen der Ansiedlnng endgiltig entschieden und die neuen Bewohner nahmen 1759
die dauernde Vertheilung des Gebietes vor. Von da an führte die neue Colonie eine Zeit-
lang ein ruhiges Leben, bis im Jahre 1766 jene Behelligungen wegen der freien Aus-
übung ihres Glaubens begannen, die bis zum Erlaß von Kaiser Josefs II. Toleranzedict
ununterbrochen fortdauerten.
Von da an ist die fleißige, sparsame, von gesundem Gemeingeist getragene Stadt in
fortwährendem Aufschwung begriffen, da sie die Bedingungen ihres Gedeihens nicht nur
bei Zeiten erkannte, sondern auch in bewunderungswürdiger Weise zu verwerthen verstand.
Im Jahre 1803 kaufte sie die Hälfte ihrer Gemarkung der Familie Dessewssy, einen
anderen Theil 1824 den Grafen Kärolyi auf ewige Zeiten ab und bezahlte dafür nahe an
zwei Millionen Gulden; gleichzeitig rief sie ein starkes gewerbliches Element ins Leben,
zog den Handel der Gegend an sich, errichtete Anstalten für Volkserziehuug und Cultur,
ordnete ihre Gassen und brachte es soweit, daß sie schon 1837 ein königliches Privileg
erhielt, in die Reihe der Städte mit geordnetem Magistrat eintrat und sich dadurch der
Bevormundung durch das Comitat entzog, die sie im selbständigen Fortschreiten behindert
hatte. Im Besitz der städtischen Privilegien schreitet nun Nyiregyhäza noch gedeihlicher
und stürmischer vorwärts, 1871 erhält es einen Gerichtshof, 1872 ein königliches Bezirks-
gericht, bis es 1876 nach langen und heftigen Kämpfen im ganzen Comitate zum Hauptort
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Volume 9
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (2)
- Volume
- 9
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.56 x 21.98 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch