Page - 425 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (2), Volume 9
Image of the Page - 425 -
Text of the Page - 425 -
425
einem Rohrzaun, der einen Fuß hoch aus dem Wasser hervorragt und längs dessen sie
in Abständen von zwei bis drei Klaftern die verwickelten Rohrgebilde der Senkreusen
aufstellen. Diese sind den Fischkörben ähnlich, die wir an derartigen Fischerdämmen im
Ormellek gesehen haben; nur heißt hier der Apparat, in dem sich der Fisch fängt, nicht
„Kehle", sondern „Sack". Znweilen fallen die Fische centnerweise in einen solchen Sack
ein. Ein anderes sehr gebräuchliches Fischergeräth heißt ,ws2ives?i" uud ist eiu Netz, das
au den vier Enden von zwei gebogenen, kreuzweise zusammengebundenen Reifen befestigt
an einer langen Stange hängt; dann gibt es noch das „Kugelnetz", die Angel und in den
Seen das Schoppgaru.
Doch der Fischfang im Sarret ist noch immer nichts gegen die Jagd auf die
Tausende vou Reihern, Kranichen, Rohrdommeln, Enten nnd Möven, Wasserhühnern,
Steißfüßen, Kiebitzen, Tauchern, Fischadlern, mit denen Röhricht, Gestrüpp uud Sumps
bevölkert sind.
Auf solcher Grundlage lebten noch vor kurzem, das heißt, so lange sie leben konnten,
Hunderte jener Stegreifexistenzen des Sumpflandes, die mau „Päkäsz" (Schlemmer)
uauute. Der Päkäsz wühlt uicht deu Boden auf, geht auch nicht in Taglohn, sondern
greift nur nach dem Vorhandenen, das heißt, er „schlemmt", indem er sich im Kahne
mittelst des Bootshakens durch die Gäßcheu des Röhrichts schiebt, bis zu dem Fußbreit
festen Bodens, auf dem er seine Rohrhütte aufgeschlagen hat. Er ist Gruudelsäuger,
Fallensteller, Fischer und Jäger in einer Person. Abends legt er sich ans die Lauer, um
„Blindkrähen", „Eisenreiher" und schwer erlegbare Silberreiher mit kostbarem Gefieder
zu erbeute»; größeres Geflügel fängt er in Schlingen, die er aus Roßhaar dreht. Mit
bloßeu Häudeu hascht er Blutegel, indem er, die Leinenhose über den ganzen Schenkel
aufgestreift, im Wasser nmherwatet. Im Frühling sucht er mit großer Pfiffigkeit die
Nester der Wildgänse, Wildenten, Wasserhühner und Schnepfen auf, deren Eier er
sammelt. Die Eier der Wildgans und Wildente verkauft er den Leuten in der Umgegend,
diese lassen sie bebrüten und halten dann die Jungen aus dem Hofe oder der Hutweide,
ganz wie die zahmen Gänse. Der „Päkäsz" ist ein Tausendkünstler, der sich seine Reusen,
Grnndelhamen und aus Rutheu geflochtene, mit Deckeln versehene Netze selbst verfertigt,
das Rohr in Kegeln sammelt, auch etwas Vieh hält, besonders Schweine, die er mit
Fischen, Grnndeln uud Binsenmark gut süttert; er dient auch den Jägern als Führer und
den Naturforschern als Sammler, der ihr Vertrauen besitzt und verdient. Als wären alle
seine Fähigkeiten in Auge uud Ohr gefahren, sind diese Organe bei ihm so scharf wie bei
den wilden Vögeln, deren Natur er auch gewissermaßen angenommen hat. Er versteht
die Sprache der Wasservögel nnd kennt nicht nur ihre Leibesgestalt, sondern alle ihre
Gewohnheiten. Er besitzt den Schlüssel zu den Räthseln der Witterung; ein Blick auf deu
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Volume 9
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (2)
- Volume
- 9
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.56 x 21.98 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch