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unter so günstigen Verhältnissen die Bevölkerung sich eines gewissen Wohlstandes erfreute
uud auch schlimme Zeiten, wenn solche kamen, leicht überstand.
Die politischen Bewegungen des In- und Auslandes störten nur selten die Ruhe
des Bekeser Comitats. So lange die Knrntzen, welche sich einst an den Kriegen Franz
Räköczys II. betheiligt hatten, nicht ausgestorbeu waren, hatte das Volk stets seine eigenen
Politiker, die dnrch den populären Nameu des großen Fürsten Hoffnungen auf eine
bessere Zukunft zu wecken wußten. Diesem Umstände ist es zuzuschreiben, daß, als im
Jahre 1735 die Raizen, mit Pero an der Spitze, unter dem Vorwande, für ihre religiösen
und politischen Rechte zu kämpfen, in den südlichen Theilen Ungarns aufstanden und diese
Bewegung mit dem Namen Räköczys in Verbindung brachten, die ehemaligen Kurutzeu
des Bekeser Comitats sofort bereit waren, zu den Waffen zu greifen. Doch der Aufstand
nahm ein unglückliches Ende. Seitdem haben hier, außer deu Nachrichten von den Türken-
kriegen, nur noch die Ideen der französischen Revolution einigen Eindruck gemacht.
Während der Bewegungen der Dreißiger- nnd Vierziger-Jahre stand Bekes in der
Reihe der freisinnigen oppositionellen Comitate und betheiligte sich kräftig an den
parlamentarischen Kämpfen, welche zur Befreiuug von Volk und Boden, zur Vertheidigung
und Umgestaltung der altererbten Verfassung geführt wurden.
Selbst in der düsteren Periode, die auf die Ereignisse von 1848 und 1849 folgte,
war hier uicht alles Leben erstorben. Die vou der öffentliche» Laufbahn abgedrängten
Patrioten pflegten jährlich auf deu berühmten Csaköer Jagden zusammenzutreffen, um
ihren Kummer über das Los des Vaterlandes zu linder», ihren Glanben an eine bessere
Zukunft zu hegen und zu ftärkeu. Es begegneten sich da viele Männer, die nach der
Wiederherstellung der Verfassung die stärksten Säulen von Thron uud Vaterland wurden.
Die Bevölkerung selbst nahm an Zahl uud Wohlhabenheit zu, sie gedieh auch geistig.
Im Jahre 1717 kaum 2.000 Seelen stark, erreichte sie die Zahl von 230.000 nnd ihr
Vermögen, das vor anderthalb Jahrhunderten einen Werth von 46.520 Gulden darstellte,
wuchs dermaßen, daß es heute an Staatssteuern allein über anderthalb Millionen Gulden
jährlich abwirft. In demselben Verhältniß entwickelte sich auch die Cultur.
Das eiust öde Gebiet ist vou den fleißigen Bevölkeruugeu großer Gemeinden belebt.
Die Sümpfe nnd Moore sind durch die Mittel der Cultur in ertragsreiche Fruchtgelände
verwandelt. Die Rudel von Wölfen und die Millionen der Wasservögel sind aus dem
sogenannten „Särret" ausgewandert und haben den zahmen Nutzthieren der Ackerbauer
Platz gemacht. Das Zauberbild der Delibäb (Fata Morgaua) zeigt sich wohl noch immer,
kaun aber jetzt keine endlose See mehr vorspiegeln, denn ihre Wellen brechen sich zu
oft an überall neu erbauteu Tauyas und an den dichten Gruppen ihrer Bäume und
Schober. Auch die „Kumaueuhügel" stehen noch, nicht aber ihnen zu Füßen die Hütten
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Volume 9
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (2)
- Volume
- 9
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.56 x 21.98 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch