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ja in manchem Jahre verirren sich selbst Pelikan und Schwan hierher, im Vorfrühling
aber und im Herbst besuchen die seltensten Arten von Tauchern die Gewässer dieser Gegend.
Daß beide Comitate in vorgeschichtlicher Zeit dicht bevölkert gewesen sein mögen,
geht aus den sehr hänfigen Funden unzweifelhaft hervor. Manche Orte sind fast uner-
schöpflich an archäologischen Gegenständen. Besonders reich sind die jüngere Steinzeit, die
Bronze- und Eisenzeit vertreten nnd man darf sagen, daß jede Höhe am Wasser, jedes
etwas erhabene Ufer urzeitliche Überreste aus dieser oder jener Periode enthält. Der
„Tüzköves"-(Fenerstein-)Hügel bei Szegvär ist so reich an Gegenständen der jüngeren
Steinzeit, daß dieselben nach dem Pflügen oft zu Hunderten aufgelesen werden können,
namentlich Feuerstein- und Obsidiansplitter und Bruchstücke von Gefäßen und Mahlsteinen.
Auch Funde aus der Bronzezeit kommen häufig, zuweilen selbst massenhaft vor; so wurden
einmal bei Szeutes siebzehn sehr schöne Celte, ein anderes Mal ein ganzer Haufen
zerbrochener Bronzeschwerter, Sichelfragmente und dergleichen gefunden. An Gegenständen
der Eisenzeit ist besonders die Umgebung des „Gyapjas" bei Szentes ungemein reich;
nach jeder Überschwemmung findet man dort eine Menge der schönsten Thongefäße,
Thonzieraten und Urueu von jeder Größe. Später zeigen sich die Spureu des römischen
Einflusses und ganz oder theilweise gelungene Nachahmungen römischer Gefäße kommen
ziemlich häufig zum Vorschein. In der Gegend von Szegvär finden sich auffallend viele
römische Münzen aus der Zeit des Autouinus Pius uud seiner Nachfolger. Auch die
Epoche der Völkerwanderung hat in allen Theilen dieser Comitate viele, oft merkwürdige
Andenken hinterlassen; von diesen, wie von denen der früher erwähnten Perioden, sieht
man sehr interessante Stücke im ungarischen Nationalmuseum, in den archäologischen
Sammlungen der Städte Szentes, Szegedin, Höd-Mezö-Väsärhely und Esongrad, sowie
in der vom historisch-archäologischen Verein des Esanäder Eomitats angelegten Sammlung
von Alterthümern, die im Eomitatshause zu Makö untergebracht ist.
Was die Geschichte der beiden Comitate betrifft, so wurden diese Gebiete gegen das
Ende der Völkerwanderung von Slaven und verschiedeneu kleineren Völkern besetzt, die
aber dann dnrch die Magyaren verdrängt wurden oder mit den Eroberern verschmolzen.
Zur Zeit Belas IV. ließen sich daselbst die Kumaueu des vor den Tataren flüchtenden
Knthen nieder. Während der Türkenkriege verfielen die unglücklichen Bewohner dieser
Comitate einem furchtbaren Geschick. Der König von Ungarn, der Fürst von Siebenbürgen
und die Türkeu legten ihnen nm die Wette ihre Steuern aus und bei alledem waren sie
doch niemals gesichert. Bald der eine, bald der andere Feind durchstreifte den ausgesogenen
Landstrich, sengend, mordend, verheerend, woran noch jetzt die zahllosen Pnszten eriuueru,
welche einst lauter volkreiche, blühende Gemeinden waren. In der That schmolz die
Bevölkerung dermaßen zusammen, daß mit Ausnahme einiger wie durch eiu Wunder
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Volume 9
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (2)
- Volume
- 9
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.56 x 21.98 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch