Page - 550 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (2), Volume 9
Image of the Page - 550 -
Text of the Page - 550 -
550
Arbeitslust und zähe Ausdauer genug, um den Feind, der die Grenzen des Vaterlandes
angriff, aufzuhalten, uuter wuchtigen Schlägen nicht niederzubrecheu und überdies noch
durch strebsame Arbeit Jahrhunderte lang einen Wohlstand zu behaupten.
Das Unglück von Mohäcs am 29. August 1526 warf alle früheren Zustände
plötzlich über deu Haufen uud rief iu Südungarn neue Besitzverhältnisse hervor. Türkische
Eroberer besetzten diesen Landestheil, der dann anderthalb Jahrhunderte lang unter dem
Joche des Halbmoudes schmachtete. Während der Türkenherrschaft wurde die magyarische
Urbevölkerung entweder ausgerottet oder sie entfloh aus jene» Gegenden nach anderen
Theilen des Reiches, wo sie mehr Sicherheit zu finde» glaubte. Die kerumagyarifcheu
Gruudherrengefchlechter Süduugarus wanderte» von ihrem Grund uud Bodeu aus uud
überließen ihn als Beute dem feindlichen Eroberer.
Als die Südgegend nach der Rückeroberung der Festnng Ofen im Jahre 1686, Dank
den Siegen des Markgrafen Lndwig von Baden und des Prinzen Engen von Savoyeu,
von dem türkischen Joch befreit wurde uud durch die Wiederbesetzuug Temesvars im
Jahre 1716 auch iu dem sogenannten Temeser Lande die Türkenherrschaft ein Ende nahm,
da stand in den einst dichtbevölkerten Grenzlanden Südungarns kaum noch eine einzige
magyarische Gemeinde aufrecht.
Die Zeit der Türkenherrschaft hinterließ nur eiueu blassen Schatten der früheren
südungarischen Lande. Die blühenden volkreichen Dörfer waren verschwunden und mir
hier uud da bezeichnete eine morsche Ruine ihre Stätte. In den Gemarkungen der
verwüsteten Dörfer lageu ausgedehnte Grundstücke uubebaut und unbenutzt. Beiderseits
der Theiß bot das Land ein Gemälde kläglichen Verfalls. Die menschenleere Gegend war
völlig versumpft. Zwischen verwässerten Wiesen dehnte sich, soweit das Auge reichte, uur
uueudliches Röhricht, von Wildgeflügel wimmelndes Binsengestrüpp, von Farnkraut
überwucherte Einöde aus. Vou keinerlei Dämmen eingeschränkt, überflutete das Hoch-
wasser uach Belieben weite Landstrecken und verwandelte sich zur Zeit der Herbst- und
Frühjahrsregen in ein Meer. In dem fauligen Snmpfgewässer brütete eine Welt von
Jnfecten, welche nebst den miasmatischen Ausdünstungen und plötzlichen Wetterstürzen
Südungarn zu einem ungesunden Aufeuthaltsort machten. Nnr gar »'eiligen Spnren von
Enltnr uud Meuscheusleiß begegnete man auf der uuabsehbareu Ebeue. Da zog kein Pflug
seine Furche, keine Gärten grünten nnd kein Obstgelände prangte in bnntem Blütenschmnck,
keine schlanken Thürme erhoben sich über blinkenden Dörfern, um die Landschaft zn beleben.
Das ganze Gebiet war ein düsteres, grauenvolles Land voll ungeheurer Seen, finsterer
Waldungen und unbewohnter Wildnisse.
Lange schou war dieser Landestheil vom Feinde befreit, bis er endlich mit dem
Gefammtvaterlande in eins verschmolz. Von Zeit zu Zeit wurde er einer neue» politische»
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Volume 9
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (2)
- Volume
- 9
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.56 x 21.98 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch