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des Landes kam der Stadt zu Hilfe, so daß sie alsbald erneuert und verschönert auferstand;
auch die frühere Wohlhabenheit stellte sich wieder ein, der Verkehr in Handel und Gewerbe
nahm bis in die Sechziger-Jahre zu.
Jetzt befreite sich die Stadt um die Summe von 730.000 Gulden von den guts-
herrlichen Lasten; allerdings bürdete sie sich dadurch uur größere auf und dazu stellten sich
bald noch andere Übel ein. Die empfindlichsten Folgen hatte es für die Stadt, daß sowohl
die Alföldbahn, als auch die Budapest-Semliuer Linie sie abseits liegen ließ. Indeß kann
man von Baja, obschon es eine Zeit größerer Blüte gesehen, keineswegs behaupten, daß
es verblüht sei; es entwickelt sich vielmehr von Jahr zn Jahr. Seine äußere Physiognomie
ist im Allgemeinen so angenehm wie die von wenigen Provinzstädten. Seinen Mittelpunkt
bildet noch immer, wie vor Alters, der viereckige Rathhausplatz, von dessen Höhe sich ein
schöner Blick ans die Wälder der Pandnreninsel nnd des jenseitigen Donaugeländes
öffnet. Das heutige Rathhaus war eiust ein Palast der Grassalkovich, den diese anf den
Trümmern des ehemaligen türkischen Forts erbaut hatten. Dieses Herrengeschlecht legte
auch den Grund der in der Nähe mündenden St. Antonsgasse, welche mit ihren schattigen
Bäumen uud hübschen Wohnhäusern jetzt die schönste Gasse der Stadt ist. Hinter dem Rath-
hause erhebt sich das alte Franciscanerkloster, an das sich viele interessante Erinnerungen
knüpfen. Seine Mauern haben im vorigen Jahrhundert manche Restanratwns- und
Jnftallationsverfammlung des Comitats gesehen, die Mitglieder des Hauses aber waren
die Lehrer und Seelenhirten des Volkes. Vom Rathhause führt eiue gut gepflasterte, mit
hübschen Schaufenstern besetzte Gasse zur „Kirche der Geistlichen" (papok wmploma),
welche im Jahre 1728 zu Ehren der Apostel Peter und Paul erbaut worden. Weiterhin
gelangt man in die belebte Eötvösgasse, in welche vier oder fünf andere Gassen münden.
Seitwärts in der Jägergasse steht das Geburtshaus des Lyrikers Koloman Töth, mit
einer Deuktafel bezeichnet. Nennenswerth sind ferner: die staatliche Lehrerbildungsanstalt,
das große staatliche Hengstdepot und das Armenhaus, lauter neuere Gründungen.
Aber nicht nur äußerlich entwickelt sich die Stadt. Ihr Getreideumsatz ist auch jetzt
ein lebhafter (fast eine Million Metercentner), ihre Mühlen- und Spiritnsindnstrie gedeiht
(anf der Donau allein arbeiten 50 Mühlen), die Pferde- und Schweinemärkte sind
berühmt, die Erzeugnisse ihres Handgewerbes gut und gesucht. Auch die Einwohnerzahl
wächst unausgesetzt und übersteigt bereits 20.000, meistens Magyaren und katholisch.
Die gebildete Classe hat gleichfalls zugenommen, obwohl Baja auch jetzt im Ganzen und
Großen eine Handels- uud Industriestadt ist, deren Bewohner, besonders die Müller uud
Fischer, treu an den alten Sitten hängen. Bei ihren Unterhaltungen lassen sie jeznweilen
die Erinnerungen der guten alten Zeit wieder aufleben und geben sich gerne Träumereien
hin, als sollte diese Zeit doch noch einmal wiederkehren.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Volume 9
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (2)
- Volume
- 9
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.56 x 21.98 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch