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viele Häuser hätten nicht einmal Schornsteine und Fenster, auch wären die Bewohner
größtentheils ungebildete Bauern, darunter uur wenige Gewerbslente uud gar keine
Handeltreibenden. Und sehr lange Zeit blieb dies auch später so; ein mehr städtisches Änßere
gewinnt Maria-Theresiopel erst seit einige» Jahren, seitdem es Eisenbahnen hat. Wer die
Stadt seit zehn oder fünfzehn Jahren nicht gesehen, würde sie heute kaum erkennen; selbst
die Straßennamen sind andere geworden. Vor dem Bahnhose, wo im vorigen Jahrzehnt
noch der dara" genannte Snmps sich ausbreitete, legt man soeben einen zierlichen
Park au uud weiterhin erhebt sich das neue Gerichtsgebäude. Von hier aus führt die
Hauptstraße, jetzt Kvssnthgasse, nach der Stadt mit lanter ein- und zweistöckigen, palast-
artigen Gebäuden. Unter diesen befinden sich die staatliche Lehrerinnen-Bildungsanstalt,
die schönsten Gasthöfe uud mehrere mit hauptstädtischer Eleganz eingerichtete Kasfeehänser.
Die Säulenvorhalle des „Hotel Pest" bildet auch deu Eingang zu dem unter dem uämlicheu
Dache befindlichen städtischen Theater. Das thurmgeschmückte Rathhaus blickt auf das
Würfelpflaster uud die Kugelakazieu des stattliche» Sanct Stesansplatzes nieder, um deu
sich hübsche stockhohe Häuser uud aussallend schöne Verkaufsläden reihen. Rechts von
diesen« Platze erscheint der Telekiplatz mit der Franciscanerkirche nebst Kloster, welche
Gebände im vorigen Jahrhnndert dnrch Umgestaltung der alten Festnng entstanden sind.
In eiuer Seitengasse links steht der Palast der Sparkasse, in der breiten Deäkgasse die große,
zweithürmige Theresienkirche, daneben die stattliche Prvbstei.
Auch die vom Theaterplatz ausgehende Wesselenyigasse uud einige Seitengassen in
der Mitte der Stadt weisen elegante Privathäuser auf. Im übrigen freilich sieht die Stadt
mit ihre» nahe an 10.000 Häusern uoch jetzt fast ebenso aus, wie vor hundert Jahren.
Die Zeutaer- und die Kervvrstadt haben nicht einmal Kirchen, nur Bethäufer, vor deneu
große dorfmäßige Glockenstühle stehen.
Die Lage der Stadt abseits vom Hauptverkehr und die sparsame Lebensweise ihrer
Bewohner brachten es mit sich, daß sich dort sehr lange kein städtisches Element entwickeln
konnte und auch kein Antrieb zur Bauthätigkeit in größerem Stile fühlbar wurde. Mehr
als die Hälfte der 70.000 Einwohner, die herrschaftlichen Grundbesitzer ebenso wie die
bäuerlichen, bewohnen auch jetzt ständig ihre „Szälläse" draußen auf der Puszta. Diese
liegen stellenweise so dicht beisammen, daß sie beinahe Dörfern gleich sehen; so leben auf
den Puszteu Kelebia, Sebesics, Verusics, Tavaukut je 3.000 bis 4.000 Menschen. Indeß
bauen sich seit einigen Jahren einzelne wohlhabende Landwirthe auch schöne und ans
Herrenart eingerichtete Stadthäuser. Und es gibt da herum viele wohlhabende Landwirthe,
Bauern mit 800 bis 1.000 Joch Grundbesitz sind nicht selten.
Dieses Volk der Szälläse ist im Vollgefühl seines Reichthums stolz, ja hochmüthig;
deu Städter, der von seiner Wissenschaft oder von Handel nnd Gewerbe lebt, schätzt es
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Volume 9
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (2)
- Volume
- 9
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.56 x 21.98 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch