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Verschiedenheiten in der Gerichtsbarkeit bezeichneten, ist noch nicht sicher festgestellt. Im
XIII. Jahrhundert jedoch, in welchem die Provinz an die Patriarchen kam, bezeichneten
sie zwei streng von einander getrennte Gebiete.
Die „Mark" umfaßte den ganzen Theil der Halbinsel, der den Patriarchen von
Aquileja unterworfen war und von ihren Stellvertretern, welche Markgrafen genannt
wurden uud in Capodistria refidirten, geleitet wurde; sie bestand zum größten Theile
ans den Küstenstädteu. Die „Grafschaft" dagegen, mit dem Hauptort Pisino, umfaßte
das ganze Gebiet dieser Stadt bis zum Monte Maggiore und zu den oberen Thälern der
Dragogna, des Quieto und der Arsa. Sie bestand hauptsächlich aus bischöflichen Lehen,
aus Schlössern von Adeligen und aus Landgemeinden, wurde iu streng feudalem Siuue
beherrscht uud bildete eiueu Gegensatz zur Mark nicht nur durch Lage uud Regierungsform,
sondern auch durch die Bevölkerung, welche in der Mark vorwiegend italienisch, in der
Grafschaft vorwiegend slavisch war. Dieselbe kam in den Besitz der Grafen von Görz.
Unter der Herrschaft der Patriarchen von Aqnileja geriethen das municipale und
das feudale System hart aneinander; das ganze XIII. Jahrhundert war von Kriegen
erfüllt, die uur zeitweilig durch kurze Waffenruhe unterbrochen wurden. Die Patriarchen,
entschlossen, ihren lehensherrlichen Rechten vollste Geltung zu verschaffe», verboten ihren
Unterthanen nnter Androhung von Krieg und Acht, an Venedig Tribut zu entrichten,
untersagten deu Gemeinden die freie Wahl der Bürgermeister (besonders wenn diese
Venetianer waren) und beschränkten ihre Selbständigkeit.
Jstrien besaß keine Hauptstadt; da es so viele Centren als Städte hatte, so mußte
der Krieg sich in eine Reihe kleiner Kämpfe zersplittern. Die bedrohten Städte fanden
leicht Hilfe in Venedig; als ihnen aber der Patriarch Zugeständnisse gemacht hatte und
sie, von der Furcht für ihre Selbständigkeit befreit, es versuchten, die Abhängigkeit von der
Republik abzuschütteln, unterdrückte diese mit Gewalt jeden Abfall und ließ sich in einen
Kampf mit den Patriarchen ein, um die neuen Erwerbungen zu schütze«.
Zu diesen Kriegen zwischen den Patriarchen und den Städten kamen die Kämpfe
der letzteren unter einander und dann, innerhalb der Gemeinden, die Fehden zwischen der
mnnicipal-welfischen und der fendal-ghibellinischen Partei, und je nachdem die eine oder
die andere die Obermacht hatte, gingen die Städte — wie Schiffe, die von entgegen-
gesetzten Winden getrieben werden — von den Patriarchen zu deu Veuetiaueru, von den
Venetianern zu den Patriarchen über. Pola verweigerte, als im Jahre 1242 die
patriarchenfreundlichen Sergi über die zur Volkspartei stehenden Gionatasi gesiegt hatten,
den Venetianern den Tribnt und diese schleiften die Stadtmauern. Die Erbitterung
zwischen den beiden mächtigen Familien gedieh so weit, daß während der Charfreitags-
Procession des Jahres 1271 die Gionatasi in verrätherischer Weise ihre Nebenbuhler
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Das Küstenland, Volume 10
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Das Küstenland
- Volume
- 10
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.63 x 22.44 cm
- Pages
- 390
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch