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ungewöhnlich fromme Gemüther schon bemerkt haben wollen, daß es dem Schwester-
bildniß in dem Augenblick zunickt, in dem es auf den Boden der Insel gelangt.
Die unter dem Landvolk verbreitete echt religiöse Gesinnung vermag es nicht zu
hindern, daß die Festtage der Schutzheiligen und andere kirchliche Feiertage in Friaul, in
der Gegend von Monfaleone und über Görz hinaus bis tief hinein in slovenisches Gebiet
mit weltlichen Vergnügungen oft über Gebühr begangen werden. Mit wahrer Leidenschaft
wird bei einer solchen „Sagra" , zn der von weit und breit viel Volk zusammenzuströmen
pflegt, dem Tanze gesröhnt. Ans freiem Platze, meist inmitten der Ortschaft, wird ein
Bretterboden aufgeschlagen, und mögen anch die Strahlen der Julisouue heiße Schwüle
verbreiten, vom Schlüsse des nachmittägigen Gottesdienstes, manchmal auch von früherer
Stunde an dreht sich da alles beinahe ohne Unterlaß in fröhlichem Reigen bei Gesang
und Gejauchze, die allerdings in dem Maße heiserer und wilder werden, als sich die
Mitternacht nähert. Einst eröffneten die Fraueu und Töchter der Gutsherren den Tanz
mit den Veranstaltern des Festes, ein Gebrauch, der bereits außer Übung gekommen ist.
Doch verirrt sich noch zeitweise bei einbrechender Dunkelheit ein Städter auf deu läudlicheu
Tanzboden, um Freuden nachzuholen, die ihm der Carueval zu spärlich zugemessen hat.
Der volksthümliche Tanz, ein Nuudtauz, bei dem sich die Paare bald trennen, bald
fassen, ist bei den Frianlern und Sloveueu gleich und wird ebenso Fnrlana als Schiava
genannt. Nur mehr ausnahmsweise getanzt, wird er von den modernen Tänzen nach und
nach ganz verdrängt. Es ist wahrlich eine erfreuliche Wahrnehmung, daß das Volk bei
Mühsal, Entbehrung und harter Arbeit, die das Geschick ihm auferlegen, die Neigung zu
Lustbarkeiten und die Empfänglichkeit für ihre Freuden besitzt und bewahrt; doch muß man
bedauern, daß an vielen Orten die Tanzunterhaltungen sich allzusehr häufen und eine
Quelle sittlicher und wirthschaftlicher Übelstände werden. Die Vorbereitungen zum Tanz
und seine Nachwehen rauben manchen Tag der Arbeit, welche die Jugend leicht entwöhnt,
während das schwer erworbene Geld in wenigen Stunden vergeudet ist. Dabei werde»
geistige Getränke, bei der zunehmenden Theuerung des Weins, den bis vor einem Menschen-
alter die Rebe im Lande reichlich spendete, leider in stetig steigendem Maße gebrannte
Wässer bis zum Übermaß genossen und damit zu oft blutig endendem Zank und Hader
führende Stimmungen erzengt.
Den Tänzen zunächst sei noch kurz der Spiele des Volkes gedacht. Im ganzen Lande
ist das Boccespiel vor allen beliebt, ein der Herkunft nach italienisches Spiel, welches mit
sieben Kugeln von zwei Parteien gespielt wird. Es genügt ein auch uur nothdürftig geebneter
Platz von mäßiger Ausdehnung uud was immer für einer Gestalt, so daß es keinerlei
Vorbereitungen bedarf. Das Spiel selbst kaun uie einförmig werden, da sich die verschieden-
artigsten Combinationen ergeben, und bietet Gelegeuheit, Geschicklichkeit und Kraft, dann
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Das Küstenland, Volume 10
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Das Küstenland
- Volume
- 10
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.63 x 22.44 cm
- Pages
- 390
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch