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und Spielen ihr Geld und die Zeit vergeuden, während daheim die arme Familie Hunger
leidet, auch Maudrieri.
Doch wenden wir uns von diesem trüben Bilde ab und den Frenden des Lenzes
zu, die auch dem Mandriere beschieden sind. Da sind es vor Allein die ,saAre", die
Kirchweihfeste, welche gewöhnlich an einem Sonntag in der Octave des betreffenden
Patrocininmsfestes gefeiert ihm die beste Gelegenheit darbieten zu tanzen, oft bis zu
einer Ausgelassenheit lustig zu sein, gegen die mit Recht die Seelsorger eifern. Am
bestimmten Sonntag zieht nun bereits um Mittag die Musik herum uud spielt, um ein
Geldgeschenk zu bekommen, vor den Häusern der Honoratioren: des Ortsseelsorgers,
des Gemeindevorstehers oder des öuxmn, der reichen Baueru und von drei Uhr bis spät
in die Nacht hinein wird gesungen, gelärmt, getrunken nnd auf dem Tanzboden gepoltert.
Zum Schluß sei uoch bemerkt, daß wie nicht wenige Triestiner Jünglinge und
Mädchen an Sonn- nnd Feiertagen auf den sogenannten ,liswn" gehen, das heißt, von
zwölf bis zwei Uhr Nachmittags, um sich und ihre Kleidung bewundern zu lassen, ans
dem Corso auf- und abpromeniren, mich der junge Maudriere sich nach der Sonn- nnd
Feiertagsmesse mit seinen (Marie) und (Mariechen) auf dem Corso sehen läßt.
Einst war die Tracht der Maudrieri wirklich schön und malerisch. Sie tragen an der
langen Weste große herabhängende silberne Knöpfe, knrze, am Knie offene schwarze Hosen
und eine knrze gleichfarbige enganschließende Jacke. Im Sommer bedeckten sie den Kopf
mit einem breitkrämpigen Hute, im Winter mit einer kostbaren lehnsesselförmigen Kappe
aus Biberpelz, daher spottweise „eareFon« (Lehnsessel) genannt, welche gewöhnlich vom
Großvater der Enkel ererbte. Die Weiber, die 5u?e, trugen weite Kitteln mit bnnt-
sarbigem Saume, eine kurze, schwere Tuchjacke, und bedeckten den Kopf mit einem weißen,
am Rücken lang herabhängenden, mit kostbaren Spitzen geschmückten Leinwandtuche. Sie
waren sparsame, tüchtige, fromme, biedere, arbeitslustige Landleute.
Allein tempora muwntur! Leider gehört, was vou den Bewohnern der Triester
Umgebung gesagt wurde, im Allgemeinen der Vergangenheit an. Die jungen Mandrieri
und kleiden sich heutzutage schon wie die Bürger. Der Umstand, daß der Mandriere
um die Hand eines Mädchens meist nicht aus seinem Heimatsdorfe, sondern aus der
Fremde freit, hat uicht wenig dazu beigetragen, die alten Sitten und Gewohnheiten des
Landvolkes zu untergraben.
Grund und Boden wird nicht eben gut bebaut und liefert nicht das, was man zu
erwarten hätte. Sie hängen nicht mehr mit Liebe an ihrer Heimat, sonst hätten sie nicht
dieselbe in unseren Tagen mit unverzeihlichem Leichtsinn nnd mit so kindischer Unüber-
legtheit verlassen, ihr weniges Hab und Gut verkauft, um im ferueu unbekannten Brasilien
als Ansiedler ihr Glück oder vielmehr ihr Unglück zu suchen. Und unter den zurück-
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Das Küstenland, Volume 10
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Das Küstenland
- Volume
- 10
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.63 x 22.44 cm
- Pages
- 390
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch