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daß er auch als Privatgelehrter seine Pflicht gegen die Menschheit vollständig erfüllte, und
zufrieden, mit dem kargen Lohne der Arbeit sich und seine, im reiferen Alter gegründete
Familie in bescheidener oft an Armuth grenzender Weise zu erhalten. Und er arbeitete
immer; als er durch die Abnahme der Sehkraft, der später völlige Erblindung folgte, auf
sein Gedächtniß und auf fremde Hilfe angewiesen war, ließ er in seiner Emsigkeit bis zum
letzten Athemzuge nicht nach. An seinen Überzeugungen hing er mit unverbrüchlicher
Treue; daß seine politischen und seine religiösen Gesinnungsgenossen meist in verschiedenen
Lagern standen, hat ihn nie beirrt, und die Achtung, die er fremden Meinungen erwies,
sicherte ihm die Verehrung aller Parteien. Streng gegen sich, übte er der Jugend gegen-
über wohlwollende Milde; dem aufkeimenden Talente versagte er nie Aufmunterung und
Rath. Für die Heimat (die er seit 1837 nicht wieder sah) empfand er innige Liebe;
er gedachte der Mannigfaltigkeit ihrer Natur und ihrer Culturzustände; er pries ihre
Eigenheit, daß sie, zwischen Osten und Westen vermittelnd, eine aus zwei Elementen
bestehende, zwei Sprachen redende und dennoch einheitliche Bevölkerung beherberge;
unermüdlich rieth er, diese Eigenheit sorgfältig zu wahren, beiden Elementen zu fort-
schrittlichem Gedeihen zu verhelfen. Dies der Mensch; nun der Schriftsteller, an welchem
vor Allem die Vielseitigkeit und die große Fruchtbarkeit hervorzuheben sind. Versucht man
seine überaus zahlreichen Schriften zu charakterisiren, so läßt sich die von ihm entwickelte
Thätigkeit als vornehmlich auf Philologie und Philosophie gerichtet bezeichnen, so zwar,
daß beide Disciplinen, im weitesten Sinne aufgefaßt, einander stets durchdringen. Die
Schärfe seines Verstandes, von einer die Literatur der verschiedensten Zeiten und
Nationen umfassenden Belesenheit unterstützt, ließ ihn zwischen Menschen, Geschehnissen
und Ideen die geheimsten Beziehungen entdecken; die gewonnenen Vorstellungen wurden
dann, Dank seiner lebhaften Phantasie und seinem edlen Gemüth, von poetischem Hauch
durchweht und mit ethischem Gehalt erfüllt. Gerade in seinen lexikographischen Werken
zeigt sich das harmonische Zusammenwirken so verschiedener Factoren. Das Wort, die
Locutiou, waren ihm nicht blos als Ausdruck des Seelenlebens einer Nation ein
beredtes Denkmal ihrer Geschichte, sondern auch ein Maßstab für die Beurtheilung ihrer
Beziehungen zur künstlerischen und sittlichen Schönheit. Die Philologie griff bei ihm
stets in das Gebiet der Ästhetik und der erziehenden Moral ein. So in dem breit
angelegten Wörterbuche der italienischen Sprache, welches, in späteren Lebensjahren
unternommen, die Frucht seiner gesammten philologischen Thätigkeit darstellt; so im
Vi^ionariv ciei sinvnimi, unstreitig seine bedeutendste Arbeit. Allseitige Beherrschung
der Sprache in ihren sämmtlichen Entwicklungsphasen, fein ausgebildeter Sinn für alle
ihre Nüancen, tiefe philosophische Auffassung bilden die Vorzüge dieses Werkes, welches
in wiederholten Auflagen stete Erweiterung und Verbesserung erfuhr. Die literarische
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Dalmatien, Volume 11
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Dalmatien
- Volume
- 11
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1892
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.54 x 21.83 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch