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Die Stokaver Dalmatiens werden auf Grund der Vertretung des ö durch i oder
durch und i^e, z. B. vöra (Glaube), cköliti (theilen) durch vira, ckiliti, oder v^ers. «ii^Iili
in zwei große Gruppen gesondert: die Jkaver nud Jekaver, die sonst in der Sprache nur
unbedeutend von einander abweichen. Doch unterscheidet man im Jekavischen wieder drei
Unterarten: die ragusauische, die bocchesische (oder montenegrinische) und die herzegowinische
Sprechart, welche letztere in Dalmatien in der Umgebung von Ragusa (Zupa, Cauali) und
in einigen Ortschaften in den Bocche (Castelnnovo, Risano) gesprochen wird. Die Haupt-
unterschiede unter diesen drei Mundarten bestehen darin, daß im Ragusanischen, wie wir
sahen, das italienische Element stark vertreten und Spuren von der einstigen Cakavstina
bemerkbar sind, dasBocchesische die alteBetonnng erhalten hat, während das Herzegowinische
die reinste, entwickelteste und wohl auch die schönste nicht nur unter den Mundarten
Dalmatiens ist, sondern unter den serbischkroatischen Mundarten überhaupt. Dieser Vor-
züge wegen wurde sie schon durch die alten Ragnsaner und dann in der neueren Zeit
wieder durch Vuk Karadzic und Ludwig Gaj zur Schrift- und Literatursprache erhoben.
Die Schönheiten dieser Mundart beruhen auf einer ganz originellen und Poetischen
Darstellungsweise der Gedanken (sie ist par exesllence die Mundart der Volkspoesie) und
in einem ganz melodischen Klang. Safarik muß sie vor Augen gehabt haben, als er von
der serbischkroatischen Sprache schrieb, sie übertreffe an Weichheit, Milde und melodischem
Klang, den er im Gesang und in der Poesie mit dem Ton der Violine vergleicht, weit ihre
übrigen Schwestern und könne nach gelungener Ausbildung in Rücksicht auf Wohlklang
den ersten Rang unter denselben beanspruchen. Diese Anmuth unserer Sprache entspringt
aus einer ebenmäßigen Vertheilnug der Cousouauteu, unter denen die wohlklingenden
Palatallaute in ziemlicher Anzahl vertreten sind, und dem. wechselnden Spiel der volleren
Vocale, aber vor Allem aus ihrer überaus künstlichen Betonung, deren Haupteigeuschafteu
dariu bestehen, daß es vier verschiedene und bewegliche (nicht an eine bestimmte Silbe
gebundene) Acceute und feste Quantitätsunterschiede gibt und daß die Tonhöhe (das
Hauptmerkmal der alten Betonung) nicht nur in der accentnirten Silbe neben der Ton-
stärke (dem Hauptmerkmal der modernen Betonung), wie es unsere Musiker nachgewiesen
haben, zur Geltung kommt, sondern selbst über alle der betonten nachfolgenden Silben (kurze
und lange) in einem ebenmäßigen Herabsinken sich ausdehnt, wodurch eine Modulation
der Stimme bedingt wird, welche unserer Sprache einen höchst musikalischen Charakter
verleiht.
Was die geographische Verbreitung der beiden Hanptdialecte der Cakavstina und
Stokavstiua in Dalmatien anbelangt, so umfaßt die letztere ein weit größeres Gebiet als
die erstere, welche nur auf die Inseln (mit Ausnahme von Meleda und der kleineren Inseln
in der Nähe von Ragusa) und im Festlande auf den Küstensaum in Nove gradi und von
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Dalmatien, Volume 11
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Dalmatien
- Volume
- 11
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1892
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.54 x 21.83 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch