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als n und andere) als in der Formenlehre (die Ausgleichung der Declinationsendungen
bezüglich der harten und weichen Pronominalstämme, z. B. ovemu, Spuren des
alten kurzen Genitiv und andere) und sogar in der Syntax und im Wortschatz.
Die genaue Bestimmung der Grenzen des Cakavismus in Süddalmatieu ist insoweit
sehr wichtig, als von einigen berühmten Slavisten die Meinung vertreten wird, daß
Cakavisch die altkroatische und Stokavisch die serbische Sprache sei, so daß Kroaten und
Serben ursprünglich als zwei verschiedene slavische Volksstämme angesehen werden müssen.
Wir wollen hier nicht untersuchen, ob und inwieweit diese Hypothese annehmbar ist, nur
können wir nicht umhin zu bemerken, daß anch im Falle, daß sie der Wahrheit entspräche,
sie nicht im geringsten beweisen würde, daß auch jetzt Kroaten und Serben zwei verschiedene
Völker sind. Denn trotz der Spaltung, die zwischen ihnen Geschichte, Religion und Politik
hervorgebracht haben, müssen sie bei der Thatsache, daß es heute sowohl in Dalmatien als
auch in einigen anderen serbischkroatischen Ländern Stokaver gibt, welche sich als Kroaten
fühlen und „kroatisch" sprechen und daß sich jetzt Kroaten und Serben einer und derselben
Literatursprache bedienen, als ein Volk angesehen werden.
Wer nach den Ursachen forschen wollte, denen die heutige Beschränkung der Cakaver
in Dalmatien auf den nördlichen Küstensaum und die Inseln zuzuschreiben ist, würde sie
theils darin finden, daß sie im übrigen Lande von den Türken ausgetilgt oder in die
Weite (nach der Lika und Korbavien, Ungarn, Niederösterreich und sogar nach Italien)
verscheucht worden sind, wahrscheinlicher noch darin, daß ihre Reste hier stokavisirt wurden.
Diese Stokavisirnng der Cakaver findet auch heutzutage noch statt und wird durch die
Schule, die Lectüre und das öffentliche Leben immer stärker befördert.
Wir gehen nun zur Literatur über. — Von altersher wendete das dalmatinische
Volk in der Kirche und im öffentlichen Leben (das heißt in der Verwaltung und Gesetz-
gebung) zwei Sprachen, nämlich die lateinische und die serbischkroatische an, welche beiden
Sprachen somit von den ältesten Zeiten her bei den Dalmatinern auch die Hauptmittel
zur Förderung der Literatur uud der Wissenschaften waren. Was die serbischkroatische
Literatur anbelangt, so zerfällt sie in der ersten Periode, die bis zu Ende des XV. Jahr-
hunderts reicht, in mehrere Gattungen, und zwar nach den verschiedenen Alphabeten in
denen sie geschrieben war. Diese Alphabete sind folgende: die (eckige) Glagolica, die
Cyrillica, die Bukvica und das lateinische und das diesem ähnliche gothische Alphabet.
Das Gebiet der glagolitischen Literatur waren jene Gegenden, wo die slavische
Sprache in der katholischen Kirche im Gebrauche war. Die älteste slavische Diöcese in
Dalmatien, die schon zn Ende des X. Jahrhunderts errichtet wurde, ist die von Nona.
Die lateinischen Bischöfe und Priester bekämpften den slavischen Gottesdienst und die
glagolitische Schrift. Papst Johauu X. bestimmte den kroatischen Fürsten Tomislav, den
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Dalmatien, Volume 11
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Dalmatien
- Volume
- 11
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1892
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.54 x 21.83 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch