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Vor dreißig Jahren war die Stadt Pest noch von den Staubwolken einer Sand-
wüste, des Räkos, umhüllt, — heute ist dieser Wüstensand bereits durch Straßenzeilen,
Gärten und Haine gebunden. Und auf den Osner Bergen, wo es früher fast gar kein
Leben gab, läuft die Zahnradbahn Reihen prächtiger Landhäuser entlang und eine
großartige Wasserleitung sprüht ihre Wasserstrahlen durch frische Gärten hin. Vor dreißig
Jahren erschien all das nur als ein Dichtertranm.
Der Fremde, der Budapest zum ersten Male sieht, ist überrascht von der schönen
Lage dieser Doppelstadt. Da ragt auf stolzer Höhe das Osner Königsschloß, der Blocksberg
blickt über die unbegrenzte Fläche des Alföld hin, zwischen zwei Reihen von Palästen
flutet die gewaltige Donau unter drei stehenden Brücken hinweg, deren mittlere die
Kettenbrücke ist, ein Meisterwerk des monumentalen Brückenbaues, und mitten im Strome
ruht die romantische Margaretheninsel und tummelt sich ein Schwärm von Dampfschiffen.
Rauchende Schlote künden es weithin, daß die Hauptstadt eine entwickelte Fabriksindustrie
besitzt, und das wimmelnde Arbeitergetriebe auf den Quais läßt auf blühenden Handel
schließen. Einen besonderen Zauber übt der Anblick Budapests, wenn man es in den
Abendstunden von der Kettenbrücke aus betrachtet, weuu die doppelten Laternenreihen der
beiden Ufer sich in der Ferne mit den Lichtern der beiden Brücken mengen und im dunklen
Spiegel der Donau verdoppelt die Täuschung erwecken, als wäre das Ganze eine Meeres-
bucht. Von den östlichen Abhängen des Schwabenberges aber überblickt man das
malerischeste Panorama: zu deu Füßen des Berges liegt, von der blauen Donau getheilt,
die Zwillingsstadt mit ihrer hochgewölbten Domkirche, ihrem Gürtel von grüueu Hainen
und den vielgestaltigen Bergen Ofens; darüber hinaus bis an den verschwimmenden
Gesichtskreis dehnt sich ein goldenes Meer, die ährenreiche Ebene, deren grüne Inseln
reichbevölkerte Ortschaften find; die eine Hälfte des Horizontes ist durch die blauenden
Vorkuppen der Heveser Mätra und der Waitzner Berge geschlossen, während der südliche
Theil desselben mit dem Himmel in Eins zu verfließen scheint.
Und wenn der Reisende mit seiner Zeit nicht kargt, findet er manches zum Anmerken:
Anstalten, Bauten von edlem Geschmack, Museen, Hallen der Künste, Theater, Bilder-
galerien, staatliche Paläste, Institute für Volkswirthschaft und Gesundheitswesen, einige
ansehnliche Kirchen, darunter die großartige neue Kathedrale, welche mit weithin glänzender
Kuppel hoch aus dem Häusermeere emporstrebt. Und wenn der Fremde längere Zeit
darauf verwendet Budapest kennen zn lernen, so findet er die Factoren und Schöpfungen
des nationalen Gemeinlebens, des rastlosen Culturfortschritts und auf alleu Gebieten
überzeugende Beweise eines ernsten Vorwärtsstrebens.
Budapest ist in dreißig Jahren eine reiche Stadt geworden und eine ungarische
Stadt. Eine Zahlenangabe wird beide Behauptungen glänzend bekräftigen. Die Hauptstadt
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Volume 12
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (3)
- Volume
- 12
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.49 x 21.91 cm
- Pages
- 626
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch