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Ungarns hat im Laufe dieser Zeit auf die Hauptmittel der nationalen Cultur, auf Schulen,
nahe an 30 Millionen Gulden verwendet. Und während die Stadt ihren nationalen
Charakter entwickelte, ist sie anch bestrebt gewesen, mit der europäischen Cultur gebührend
Schritt zu halten.
Uns aber, die wir, während die Hauptstadt sich verjüngte, in ihr gealtert sind, die
wir uns von der Strömung des Fortschrittes mitgerissen fühlen, uns schwebt nicht das
Bild des gegenwärtigen, sondern das des zukünftigen Budapest vor. Jenes Bild, das, aus
den Nebeln der Träume schon hervorgetreten, in bestimmter Gestaltung uns entgegenmächst,
ein Bild, dessen Grundlagen gelegt sind und das sich bereits aus der Erde zu Tage hebt
— das Budapest der nächsten Jahrzehnte.
Dann wird die neue Königsburg in Ofen vollendet sein und wiederhergestellt die
Kirche des Königs Matthias, sowie ihr gegenüber auf dem anderen Donau User der neue
Reichstagsbau; auf der Kuppe des Blocksberges wird das ungarische Pantheon stehen,
oder vielleicht die Sternwarte; die öffentlichen Plätze werden geschmückt sein mit Denk-
mälern, zu deren Errichtung man sich jetzt anschickt; die Stelle der Karlskaserne wird ein
neues prächtiges Rathhaus einnehmen und die Stelle des Neugebäudes ein neuer handel-
treibeuder Stadttheil; unter den Palästen, in denen sich die Macht des Landes ausprägt,
wird auch die Residenz des Primas erscheinen; auf den öden Marktplätzen werden sich
Markthallen erheben; fünf stehende Brücken werden die beiden Hälften der Stadt ver-
binden; eine elektrische Eisenbahn wird die Waldungen Ofens der Hauptstadt nahebringen;
die Springbrunnen der allgemeinen Wasserleitung werdeu ans den öffentlichen Plätzen
ihr krystallklares Wasser emporstrahlen; auf den elektrisch beleuchteten Straßen wird
Tageshelle herrsche» auch bei Nacht; alle jeue Kirchen und Paläste werden innen und
außen die Meisterwerke der ungarischen Knnst verewigen; nach Durchbrechung des
Eisernen Thores wird an den Hafenborden der Hauptstadt der Mastenwald zahlreicher
Seeschiffe prangen; es wird aber auch all das vollendet sein, was nicht der Ergötzuug des
Auges zu dienen hat: das Kanalisationssystem der ganzen Stadt; nnd Industrie und
Handel Budapests werdeu sich in Wahrheit zu Factoreu des wirthschaftlichen Lebens von
Ungarn erkräftigt haben, die, aus sich selbst erwachsen, sich selbst genügen; und endlich
wird auch Budapest für die „kleinen Herren" so wohlfeil und der Existenz entgegen-
kommend geworden sein wie Paris. Und wenn all dieses Thatsache geworden, wird das
Geschlecht der Zukunft — einer unfernen Zukunft — sagen können:
„Budapest ist Ungarn."
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Volume 12
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (3)
- Volume
- 12
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.49 x 21.91 cm
- Pages
- 626
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch