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zu üben gewähnt hatte. Dieser Aufruhr hatte zur Folge, daß hinfort Magyaren und
Deutsche in der Befähigung für das Richteramt gleichgeachtet wurden. Von da an
wählte mau in dem einen Jahre einen Deutschen, iu dem folgenden einen Magyaren zum
Richter, aber jedes Jahr sechs deutsche und sechs magyarische Geschworene.
Im Jahre 1440 wurde der neugeborue Sohu Albrechts, Ladislaus, zu Stuhl-
weißenburg unter Theilnahme vieler Ofner Bürger zum König gekrönt. Doch gelang es
dem Polen Wladislav, sich Ofens dnrch Überrumpelung zu bemächtigen. So wurde auch
jetzt nicht derjenige König, der die Krone besaß, sondern derjenige, dem die Beste Ofen
gehörte. Der Gnbernator Johannes Hnnyadi (1446 bis 1453) hatte nebst allen Festungen
des Laudes auch Ofen inne, das er dann dem großjährig gewordenen Ladislaus übergab.
Sowohl der König, als auch der Gubernator ernannten jeder einen besonderen Burg-
hauptmanu für das königliche Schloß und dessen Besatzung. Die bürgerliche Stadt gerieth
immer mehr in Abhängigkeit von den Machthabern.
Das Jahr 1456 war wegen der Niederlage Mohammeds bei Belgrad ein rühm-
liches für Hnnyadi und die ungarische Nation, nicht aber für die Bewohner Ofens. Der
junge König Ladislaus V., der die Regierung im Jahre 1453 von Hnnyadi übernommen
hatte, begab sich nicht auf den Kriegsschauplatz, sondern blieb mit seinem obersten Rathe,
dem Grafen von Cilli, in Ofen. Im Juli 1456 erschienen die Türken unter den Mauern
Belgrads, der König aber und der Graf von Cilli gingen schon gegen Ende Juni ohne
Aufsehen nach Wien. Die Gründe dieser Abreise waren das allgemeine Elend und ver-
schiedene Seuchen, die in jenem Jahre herrschten; das Pnblicnm jedoch glaubte, es geschehe
aus Furcht, daß der Sultan geradenwegs gegen Ofen anrücken möchte. Viele Magnaten,
die sich in Ofen befanden, folgten dem bösen Beispiel, ja es zerstreute sich sogar die ohue
Weisungen zurückgebliebene Besatzung der Königsburg. So groß wurde die Angst der
Bürgerschaft, und bei dem ansteckenden Fieber der Flucht blieben selbst die Thore viele
Tage lang unbewacht.
Desto größer war der freudige Triumph nach dem glänzenden Belgrader Siege
Huuyadis; er wurde freilich alsbald durch große Unglücksfälle gestört: durch deu Tod
Johannes Huuyadis und Capistrans, sowie durch Elend infolge von Mißwachs und durch
eine das Land verheerende Seuche, die auch in Ofen und Pest wüthete. Dazu kamen noch
die Parteizwistigkeiteu und am 16. März 1457 die Hinrichtung Ladislaus Huuyadis anf
dem heutigen Sanct Georgsplatze zwischen der Königsburg und der bürgerlichen Festung,
bei welcher Gelegenheit die Ofner Civilbehörde gezwungen war, die erniedrigende Rolle
des Execntors zu fpieleu. Die Executiou wurde beschleunigt, damit nicht etwa das gegen
Abend in die Stadt heimkehrende Hauervolk der Weinberge sich empöre und sie ver-
hindere. Das nach ungesetzlichen Formen gefällte und vollführte Urtheil gegen den Sohn
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Volume 12
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (3)
- Volume
- 12
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.49 x 21.91 cm
- Pages
- 626
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch