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Am 26. August traf der Sultau selbst eiu. Er wählte zum Lagerplatz die große
Ebene bei Alt-Oseu und schlug am 27. daselbst sein Zelt auf. Am Tage der Schlacht bei
Mohäes, 29. August, erschien auf seinen Ruf in diesem Lager Johann Sigismund, das
dem Ammenschooße noch nicht entwachsene Kind, in reichvergoldeter Kutsche. Ihm folgte»
Martinnzzi, Valentin Török, Werböezy und Petrovies. Aus den unter Siegel gelegten
Schätzen Bornemisszas brachten sie dem Sultan reiche Geschenke dar.
Von türkischer Seite verdiente der Sultan Lob dafür, daß er statt der Waffen eine
List iu Anwendung brachte, die freilich, wenn sie etwa mißglückte, sehr plump geuauut
werden mußte. Alle irgend bedeutendereil Männer einer Festnngsbesatznng herauszulocken,
in Gewahrsam zu bringen und mittlerweile unter freundlichen Vorspiegelungen der
nunmehr führerlosen Besatzung die Thore nnd die Stadt einfach abzunehmen, das scheint
ein recht einfältiger Plan zu seiu, der aber dennoch gelang. Indeß beruhte dies auf dem
Mißbrauch der Bedrängniß, in der sich die als Bundesgenossen zu betrachtenden Festungs-
insassen befanden. Die Besatzung war durch die lange, kämpfereiche Belagerung erschöpft;
die Wälle waren arg beschädigt, das Kriegsmaterial schon knapp, die Einwohner der
Stadt eher feindselig als freundlich gesinnt: all dies ließ es unmöglich erscheinen, daß die
Festnng dem ungeheuren und ausgeruhte» Heere des Sultans trotzen könnte. Der Sultan
hatte deu uugarischeu Magnaten erklärt, das türkische Heer werde jetzt Ofen besetzen.
Doch versprach er, sobald der Königssohn zwanzig Jahre alt wäre, es zurückzugeben, ja
ihm als Draufgabe auch uoch Wien zu schenken. Mehrere Tage hindurch nährte der
Sultau die ungarischen Herren in seinem Lager mit solchen Vorspiegelungen. Unterdessen
gelangten die Jauitscharen, die sich als harmlose Spaziergänger geberdeten, durch die
Thore, besetzten diese und zogen dann in die Stadt ein.
Dreißigtausend Janitscharen standen ansmarschirt in den Straßen Ofens und auf
dem Platz vor dem königlichen Schlosse, wo Mehemet und Soliman Pascha ihre Zelte
aufschlagen ließen. Dorthin beorderten sie den unglücklichen Stadtrichter Tnrkovics. Sie
gaben ihm den strengen Befehl, durch Kundmachung den gefammten hohen und niederen
Adel nebst aller Dienerschaft zum sofortigen Verlassen der Festung aufzufordern. Wer
nicht gehorche, setze den Kops aufs Spiel. Das war der Lohu jener, welche Ofen tapfer
für den Sultan vertheidigt hatten. Die Abziehenden wurden iu der äußeren Stadt dnrch
die Hefe des türkischen Heeres in den Speicher des Königs Matthias (nahe der jetzigen
Kettenbrücke) getrieben und bis auf das Hemd ausgeplündert.
Ofen hatte feine sämmtlichen Prälaten, Magnaten, Edelleute und sogar alle echten
Bürger verloren. Die Übriggebliebenen durften sich acht Tage lang nicht in den Straßen
zeigen, wo Jauitfchareu unter freiem Himmel bivvnakirten, ohne die Häuser zu betreten.
Am 2. September, Freitag, dem Sonntag der Mohamedaner, betete der Sultan in der
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Volume 12
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (3)
- Volume
- 12
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.49 x 21.91 cm
- Pages
- 626
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch