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vom Sultan unterworfenen Gebiete nicht aufblühen. Der Türke war in Ungarn nur
Soldat, zwar einer der besten, disciplinirtesten Soldaten, aber sonst anch nichts. Er
wohnte hier nur in befestigten Plätzen. Einen ackerbauenden oder in offener Ortschaft
wohnenden Türken gab es im gauzeu Lande nicht. An die Stelle des bürgerlichen
Elements trat die ärmste Volksclasse und das Kleingewerbe. Judeu und Raitzeu wußten
sich in den Städten noch am besten mit der türkischen Herrschaft abzufinden. Die Türken
verwendeten in Ofen und Pest die Kaufläden, Säle und Wohnzimmer, ja selbst den
größten Theil von vielen Kirchen und Klöstern als Kasernen und Ställe. An den schönsten
Häuseru, in denen vornehme Osficiere wohnten, wurden die auf die Straße gehenden
Fenster vermauert, verschmiert oder mit Brettern und Stroh geblendet. Der mit sehr
Wenigem zu befriedigende Soldat nahm selbst mit einem Gebäude vorlieb, das keiueu
Dachziegel und keine Schindel mehr hatte; mit Rohr und Stroh ließ er es durch seine
christlichen Leibeigenen vom Lande flicken, so gut es gehen wollte.
Ofen war der Hauptsitz der Türkenherrschaft in Ungarn. Aber die Gouverneure,
die Paschas von Ofen, wechselten so oft, daß sie weder ein Interesse daran, noch
Lust haben konnten, Bauten auszusühreu. Sie sorgten nur für die Erhaltung einiger
Bäder und Moscheen, sowie der Festungsmanern. Der um das Jahr 1626 waltende
Gouverneur Murtesa Pascha ließ mit den Steinen des einstigen Panlinerklosters (in der
Nachbarschaft der jetzigen „Schönen Schäferin") die Wälle der Ofuer Festung ausbessern.
Die Wohuuugeu und Häuser aber wurden durch Bauern aus Kecskemtt, Körös, Czegled
„in Robot" reparirt — man kann sich vorstellen, mit wie viel gutem Willen und Sach-
kenntniß. Die türkischen Städte wurden anch oft durch Feuersbrünste verheert. Sogar das
Pulvermagazin in der Festung flog wiederholt in die Luft, was auch die Gebäude der
Umgebung beschädigte. Während der Belagerung von 1686 diente der einstige Matthias-
Palast (an der Stelle des jetzigen Zeughauses) als solches Magazin. Durch seiue
Explosion verschwand der ganze Palast vom Erdboden. Die Bombardements der von
Seite der Christen mehrmals versuchte», jedoch abgeschlagenen Stürme vollendeten die
Zerstörung.
Abgesehen von den gelinderen Versuchen, wie etwa der gegen Pest unter Joachim
von Brandenburg (1542), seien hier mir die bedeutenderen Belagerungen Ofens gestreift.
Solche fanden während des sechszehnjährigen Krieges in den Jahren 1598 und 1602
statt. Im letzteren Jahre gelang es den Christen Pest einznnehmen, doch fiel es zwei Jahre
später wieder in die Hände der Türken nnd seine Lage war 1604 nach dem zweimaligen
Wechsel der Bevölkerung elender als im Jahre 1601. Noch größere Verheerungen brachten
die erfolglose Belagerung von 1684 und die energische und erfolgreiche von 1686 mit sich.
Um die Hauptstadt wieder herzustellen, mußte von Grund ans neu begonnen werden.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Volume 12
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (3)
- Volume
- 12
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.49 x 21.91 cm
- Pages
- 626
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch