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Nahrungsmittel oder irgendwelches Getränk. Die Brunnen waren durch die ekelhaft
schlammigen Fluten sämmtlich unbrauchbar geworden. Mitten in diesen Wassermassen
gab es kein Wasser, weder znm Trinken noch zum Koche». Der selbstausopserude Eifer
der Rettuugsbeflisseueu uud die freiwillige Wohlthätigkeit verrichtete» gleich »ach Ein-
tritt der Gefahr Wunder. Der hohe Adel ging mit gutem Beispiele vorau, au seiner
Spitze der jnnge Erzherzog Stefan, der am 14. März mit Gefährdung feiues Lebens
durch das fnrchtbare Eistreiben der Donau von Ofen nach Pest herüberkam. Der für die
Zeit der Gefahr eruauute Regieruilgscommifsär Johann Lonyay, Graf Franz Szapäry,
Baron Pronay, Graf Stefan Szechenyi, die beiden jnngen Barone Dionys und Joses
Eötvös, Graf Räday, Graf Georg Kärolyi, die Podmauiczkys und besonders der berühmte
Athlet des Landes, Baron Nikolaus Wesseleuyi, sowie noch viele Andere, arbeiteten mit
großer Selbstaufopferung unter ungeheuren Schwierigkeiten und oft in dringender Gefahr
an der Rettung der Bedrohten. Anch der Bürgerftand stellte eine ganze Schar von
Rettnngsmännern, unter denen der Bnchdrnckereibesitzer Landerer und der Wiener Groß-
händler Franz Feiler besondere Erwähnung verdienen; Feiler, der sowohl dnrch Einsetzen
seiner Person, als auch an Geldleistungen außerordentliche Opfer brachte, wurde durch
deu 48. Gesetzartikel des Jahres 1840 sammt seinen gesetzlichen Nachkommen natnralifirt
nnd in den Adelsstand erhoben. Der bejahrte Palatin Josef selbst, der sich eben in der
Genesung nach einer Krankheit befand, konnte nicht anf dem Schauplatze des Verderbens
erscheinen, seine Opferwilligkeit jedoch kannte keine Grenzen. Er ließ im königlichen
Schlosse täglich 1.5W Laib Brot für die Hungernden backen und stellte den Geretteten
36 der glänzenden Säle n»d Zimmer als Obdach znr Versüg»»g. Mit außerorde»tlichem
Eifer u»d Erfolg betrieb die Ofner uud Pester Garnison die Rettungsarbeiten, auch
wurde der Obercommandant Jgnaz Freiherr von Lederer durch deu 46. Gesetzartikel 1840
feierlich natnralifirt.
Wie man sich denken kann, hörte das Elend auch nach dem Ablaufen der Gewässer
noch Wochen- nnd monatelang nicht völlig auf; weun es nicht noch schlimmer um sich griff,
so ist dies der förmlichen Hochflut von Acteu der Wohlthätigkeit zuzuschreiben, welche
unmittelbar auf die Fluten der Überschwemmung folgte. Unter den fremden Wohlthätern
glänzte in allererster Linie Wien. Sein Beispiel fand auch in Deutschland Nachfolge, wo
besonders das reiche Frankfurt am Main sich auszeichnete.
Der Verlust an Menschenleben wnrde auf 120 augeschlageu. Der Verlust an
Vermögen aber entzog sich der Berechnung und vollends der Entfchädignng. Schon die
Kasse der Stadt erlitt einen nngehenren Schaden. Der Gesammtschaden der Privaten
war freilich noch viel größer. Für Pest wurde er amtlich auf 20 Millionen Gulden
Conventionsmünze, für Ofen auf nahe an 2 Millionen geschätzt.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Volume 12
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (3)
- Volume
- 12
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.49 x 21.91 cm
- Pages
- 626
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch