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Am 13. März 1838 hatte es in der Stadt noch 4.254 Häuser gegeben, eine Woche
später standen nur noch 1.146 Häuser fest. Eingestürzt waren 1.973, beschädigt oder
erschüttert 1.135. So mußten zwei Drittel aller Gebäude ueu aufgebaut werden.
Doch die heilsame Lehre wurde seither, sowohl bei der Flußregeluug als auch bei
der städtischen Bauweise, so streug befolgt, daß iu Budapest eine Überschwemmung wohl
nicht mehr möglich ist. Und auch eine gnte sittliche Wirkung blieb nicht aus. Die tiefe
Theilnahme im ganzen Lande war ein glänzendes Symptom des nationalen Gesammt-
gefühls, und iil Thaten ward es vor In- und Ausland kund, daß Budapest der Mittel-
punkt, das Herz, die Hauptstadt Ungarns sei.
Die neueste Zeit.
Die allgemeine Theilnahme, welche noch größer war als das große Unglück, ging
in einen Ansschwuug über, der ein neues Leben verkündete.
Gleich im ersten Jahrzehnt, von 1839 bis 1849, entwickelte der öffentliche Geist in
Pest eine unerhörte Regsamkeit. Immer neue und elegantere Gebäude, ganze Straßen
entstehen, dazu neue Unternehmnngeu und Vereine für geistige und materielle Zwecke.
Damals wurdeu auch das Nationalmuseum und die Kettenbrücke erbaut.
Die Kettenbrücke selbst wird nicht vom Lande, nicht von der Stadt, sondern von
einer Aktiengesellschaft unter der Leitung des unermüdlichen Grafen Stefan Szechenyi
gebaut. Privatunternehmer begründen im Jahre 1840 die erste vaterländische Sparkasse,
welche heute als eine Fiuauzmacht dasteht. Die Spureu der Überschwemmung sind kaum
verwischt, so wird 1841 in Pest eine Landes-Jndustrieausstelluug ins Werk gesetzt, um
1843 mit noch größerem Erfolge wiederholt zu werden. Auch die ersten von Pest aus-
gehenden Eisenbahnen entstehen in den Vierziger-Jahren. Im Juli 1846 wird die Linie
Pest-Waitzen, im September 1847 die Linie Pest-Szolnok eröffnet. 1846 ist das Geburts-
jahr des Polytechnikums, das damals nach dem unsterblichen Palatin „Josefs-Gewerbe-
fchule" genannt wurde.
Noch im Jahre 1841 treten die naturwissenschaftliche Gesellschaft und die königliche
Gesellschaft der Ärzte ins Leben. Die Kisfaludy-Gesellschaft, diese erste schönwissen-
schaftliche Anstalt des Laubes, 1838 gebildet, erhielt die Bestätigung höherenorts im
Jahre 1844. Auch die ungarische Belletristik darf die Vierziger-Jahre als ihre Glanzzeit
betrachten: neben Vörosmarty und Bajza traten damals Petöfi, Arany, Eötvös nnd
andere Treffliche. Jetzt wird anch die echte Pnblieistik geboren und erreicht ihren Gipfel-
punkt durch eine Schar hervorragender Talente, was ohne eine große Stadt undenkbar ist.
Um diese Zeit erwachen ferner die bildenden Künste in Ungarn; es entstehen die
Bildergallerie des Nationalmuseums uud einige Kunstvereine.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Volume 12
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (3)
- Volume
- 12
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.49 x 21.91 cm
- Pages
- 626
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch