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Bürgersteig die Häuser entlang. Der erste Abschnitt der Andrässystraße ist mit zwei, der
äußere mit vier Baumreihen gesäumt. Zweimal ist sie unterbrochen: zuerst durch einen
achteckigen, weiter hinaus durch einen runden Platz, in dessen vier Seitenfeldern je ein
Springbrunnen steigt. Dann folgen Häuser mit schmalen, blumengeschmückten Vorgärtchen
und noch weiter Villen, die ganz in Gärten stehen. Dieser Theil ist überhaupt schon ganz
Gartenstadt. Alle seine Gassen, kreuz und quer, bestehen aus villenartigen Gebäuden. In
dieser Gegend haben die Maler und Bildhauer ihr Lager aufgeschlagen, auch die Maler-
schulen befinden sich dort. Auf der Andrässystraße stehen noch das königliche Opernhaus,
der Palast der bildenden Künste und die Musikakademie. Der Pensionsfonds der Staats-
bahnbeamten hat dort drei Paläste, die Staatsbahn selbst einen; die meisten Hausbesitzer
sind Kaufleute, Bankiers, Unternehmer. Indeß verdecken die Paläste dieser weltstadt-
mäßigen Hauptstraße, sowie nicht minder die der Ringstraße, welche am Oktogonplatz
die Andrässystraße schneidet, nur gleich Coulissenwänden das anderweitige Düster dieses
Stadttheils. Mit Ausnahme einzelner Gassen, wie der Eötvösgasfe, wo sich Vornehme des
öffentlichen Lebens angesiedelt haben, wohnt und wimmelt in den übrigen ein Völkchen,
das nicht gerade fein zu nennen ist. Auch durch Geschmack und Reinlichkeit zeichnen sich
die kleineren Nebengassen der Theresienstadt nicht aus. Die unteren Schichten des
handelnden und vermittelnden Publikums Hausen dort, in den inneren Gassen stößt man auf
verwahrloste öffentliche Lokale, man sieht struppige Frauen, unordentlich gehaltene Kinder
und wenig anziehende Mannsleute. Hier sind die Schlupfwinkel der internationalen
Kaffeehausmuse, die unterschiedlichen Singspielhallen und Orpheums mit ihren zucht-
uud geschmacklosen Belustigungen, hier und im benachbarten VII. Bezirke, der Elisabethstadt,
blühen die Damenkapellen zweifelhaften Charakters.
Die Elisabethstadt ist ihrer Nachbarin in Vielem ähnlich. Ihre Hauptader ist die
Königsgasse, einst die Hauptverkehrslinie zwischen der Stadt und dem Stadtwäldchen.
Dieser Stadttheil ist das Quartier des Kleingewerbes und Kleinbürgertums. Der
gebildetere Reichthum uud Geschmack, jene Schichte, die den Zusammenhang mit den
öffentlichen Angelegenheiten in bewußter Weise pflegt und sie betreibt, wird in diesem
Stadttheile nur in den offeneren, größeren, neu gebrochenen Gassen und deren Umgebung
seßhaft. Hier stehen in der Tabak- und Rombachgasse die schön gebauten Synagogen. Eine
hervorragende Besonderheit dieses Stadttheiles ist es, daß er die meisten Humanitären
Anstalten besitzt, so das Armenhaus, das Asyl der Obdachlosen, das protestantische und
das jüdische Waisenhaus, die Erziehungsanstalt des Landeshausfrauenvereines, das
Institut für Lehrerinnen derKinderbewahranstalten, die jüdische Taubstummenanstalt u. s. w.
Die Jvsephstadt , der VIII. Bezirk, ist das Heim der Kunst und des Bürgerthnms
von mehr magyarischem Charakter, weist aber große Ungleichheiten anf. Da steht das
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Volume 12
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (3)
- Volume
- 12
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.49 x 21.91 cm
- Pages
- 626
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch