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deutsche Städte waren. Das Comitatshaus, einige Schriftsteller, Advoeaten und Gelehrte,
vereinzelte Handwerker, das war die ganze magyarische Bevölkerung, die hart um ihr
Dasein zu kämpfen hatte. Nach der Volkszählung von 1890 hat die Hauptstadt, ungerechnet
das Militär, 486.671 Einwohner. Von diesen können nur ungarisch 146.144, nur deutsch
58.658 uud nur slavisch 11.139; ungarisch und deutsch 210.180, ungarisch und slovakisch
11.560, ungarisch, deutsch und slovakisch 36.057, deutsch und slovakisch 8.145. Demnach
gibt es Solche, die nur ungarisch und Solche, die auch ungarisch können, zusammen
403.941; Solche, die nur deutsch und Solche, die auch deutsch können, gibt es 302.940;
Solche endlich, die nur slovakisch oder auch slovakisch können 66.901. Die Zahl derer,
die ungarisch können, übersteigt die der deutsch könnenden um 101.000; die Zahl derer,
die slovakisch können, ist eine verschwindende Minderheit. Dem Glaubensbekenntniß nach
gibt es 313.537 Katholiken, 102.377 Juden, 35.644 Evaugelisch-Reformirte, 29.085
Evangelische Augsburger Konfession und 6.028 anderen Confessionen Angehörige.
Dies ist die Bevölkerung Budapests, aus der sich in einigen Jahrzehnten die
Individualität der nationalen Hauptstadt vollends heranskrystallisirt haben wird. Noch
zeigt das geistige Leben dieser Menge das bunteste Bild. Ein königliches Opernhaus, die
Philharmoniker und einzelne Künstler, sowie die Concerte des Musikvereins geben ihr ihre
Musik; doch hat dieses Musikleben noch wenig Selbständigkeit. Die Oper selbst ist mehr
international als national. Das Publikum der Concerte steuert größteutheils die Leopold-
stadt bei, wozu noch einige Magnaten, Schriftsteller und Beamte kommen. Das große
Publikum bezieht seinen Musikgenuß vom Zigeuner, der iu Gast- und Kaffeehäusern seine
freie Kunst ausübt. Die Kunstgenüsse des National- und Volkstheaters gehören zu den
beliebtesten. Das bürgerliche Element fühlt sich von den Lesevereinen der Bezirke angezogen,
die auch sein Bedürfniß an Concerten, Deklamationen und Vorlesungen decken. Weitere
Unterhaltung bieten im Winter die Bälle. Die Juristen, Mediciner, Techniker, Athleten,
Rudervereine, der Rettungsverein, ja auch die Apotheker, die Handlungsgehilfen treten
im Fasching wetteifernd, jede Körperschaft für sich, auf den Plan. Der Besuch des Eislauf-
platzes gehört jetzt zu den modernsten Unterhaltungen. Die Wettrennen sind populär,
aber nicht der Pferde, sondern der Wetten wegen, und sie bringen dreimal des Jahres,
im Frühling, Sommer und Herbst, große Bewegung in die Stadt. Eine Quelle der
Zerstreuungen sind auch die zahllosen wohlthätigen und geselligen Vereine, welche, um
ihre regelmäßigen Einnahmen zu steigern, sämmtlich Kränzchen, Vorlesungen, Bälle,
tkes ckansants u. s. w. veranstalten. Die Kaffeehäuser, die cakes ckantants und die
Orphenms sind Belustigungsplätze der gemischtesten Gesellschaft: Magnaten, Börsen-
helden und Handelsjünglinge treffen sich dort. Nicht zu vergessen sind ferner die Land-
partien. Stadtwäldchen, Anwinkel, Schwabenberg, Steinbruch, Nenpest und noch andere
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Volume 12
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (3)
- Volume
- 12
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.49 x 21.91 cm
- Pages
- 626
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch