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Universitätssystem entwickelt, weicht aber von diesem vielfach ab, namentlich durch die
strengere Bestimmung der zu absolvireudeu Studien, je nach dem zukünftigen Lebensberufe
der Stndirenden, und durch Einführung von Prüfungen im Kreise der Universität, theils
als Bedingung des Anssteigens, theils zum Nachweis der Befähigung. Die Wahl der
Professoren jedoch, die man hören will, und der Gegenstand der Collegien, welche die
Professoren anzukündigen gedenken, desgleichen die Einrichtung des Privatdocententhums
entsprechen ganz dem Princip der Lehr- und Lernfreiheit, die im Jahre 1848 sogar als
Gesetzartikel sormulirt wurde und an den ungarischen Universitäten volle Geltung hat. Es
verdient Erwähnung, daß die Budapester Universität unter den nach deutschem System
orgauisirteu Hochschulen die erste war, an der — in neuester Zeit — das auch im Aus-
lande vielfach angegriffene System der Eollegiengelder aufgehoben und ein einheitliches
Schulgeld eingeführt wurde, das in die gemeinsame Universitätscasse fließt und insbesondere
zur Ergänzung der Professorengehalte dient.
Die andere große Hochschule Budapests ist das königliche Josephs-Poly-
tech niknm, die einzige technische Hochschule Ungarns, als deren erster bescheidener Anfaug
die unter der thatkräftigen Förderung des Erzherzog-Palatins Joseph in den Vierziger-
Jahren dieses Jahrhunderts entstandene „Josephs-Gewerbeschnle" anzusehen ist. In den
Fünfziger-Jahren gelaugte iu dieser Lehranstalt die technische Ausbildung schon zn
entschiedenerein Ausdruck, doch war sie bemüssigt, außerdem uoch den gewerblichen, kauf-
männischen, ja laudwirthschaftlicheu Unterricht zu pflegen. Mit der Wiederherstellung der
Verfassung beginnt auch für das Josephs-Polytechniknm die Zeit des kräftigen Auf-
schwungs, der in immer größerem Maßstabe erfolgt. Die großen Fortschritte der technischen
Wissenschaften, das größere Ansehen des technischen Berufes und Dienstes, das Beispiel
des Auslandes, sowie iu Ungarn selbst die nach Znrückgewinnnng seines Selbstbestimmungs-
rechtes in Fluß geratheue volkswirthschastliche Entwicklung: all das trug dazu bei, dieses
Institut aufblühen zu lassen, nnd dieses Aufblühen äußerte sich eiuestheils dariu, daß die
Organisation der Anstalt jenen höheren Anforderungen angepaßt wurde, anderseits in der
Vermehrnng der Lehrstühle, in der Bereicherung der Lehrmittel, in der Zunahme der
Hörerzahl und besonders in der fortwährenden Erweiterung der Justitutsräume. Gegen-
wärtig ist das Polytechnikum in seinen eigenen großen und zweckmäßig eingerichteten
Gebäuden untergebracht; es verdankt dies dem verstorbenen Minister für Cultus und
Unterricht August Tresort, der sich überhaupt unvergängliche Verdienste um die Schul-
bauten Budapests erworben hat. Nenestens wurde zu Zwecken des Instituts noch ein
Nebengebäude in Angriff genommen.
Das Polytechnikum hat jetzt 32 systemisirte Lehrstühle, die sich auf vier Fächer:
Bauwesen, Maschinenbau, Jngenieursach und Chemie vertheilen; außer diese» Fachsectiouen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Volume 12
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (3)
- Volume
- 12
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.49 x 21.91 cm
- Pages
- 626
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch