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Liebe", 1807) wurde vom ungarischen Publikum mit Entzücken aufgenommen, überall
gelesen uud gesungen, nnd die junge Generation knüpfte ihre Träumereien über die Liebe
au den Wohlklang dieser Gesänge. Alexander Kissalndy wurde nicht nur durch Talent
und Beruf, sondern auch durch sein bewegtes Leben und seine Bildung auf das lyrische
Gebiet verwiesen und diese Umstände machten ihn unerschöpflich in der lebendigen und
stimmungsvollen Darstellung des abwechslungsreichen Wogenspiels der Liebe. Er ergriff
die Leier unter dem Einfluß der Sonette Petrarcas und entlehnte seinem Meister Ideen
und Bilder, allein er sang doch immer den Aufruhr seines eigenen Herzens in einer
außerordentlich reichhaltigen Bilderreihe, die nicht weniger als vierhundert Lieder enthält.
Himfy (das heißt Kissalndy) erblickt Lisa und liebt, sie jedoch erwiedert das Gefühl des
Dichters nicht. Diese Hartherzigkeit der Geliebten macht den harmvollen Dichter zum
unsteten Weltfahrer, der das Stürmen seines Herzens durch das Getöse der Schlachten
übertäuben will. Seine Pein steigert sich jedoch und die Ruhe will nicht einziehen in sein
Herz. Schon denkt er sogar an den Tod, da spendet ihm seine Liebe einen Schimmer
von Hoffnung und rettet ihn von diesem selbstquälerischen Gedanken. Als der Krieg zu
Ende ist, verläßt der Dichter Italien und entschließt sich, Lisa noch einmal aufzusuchen.
Neue Enttäuschung: Lisa liebt einen Anderen und dieses Bewußtsein nagt an seinem
Herzen. Zuletzt stellt sich das Mißverständniß heraus; sie hat den Dichter stets geliebt,
er führt sie nun zum Altar und gründet mit ihr auf seinem Dorfe das glücklichste
Familienleben.
Der erste Theil ist dem zweiten unstreitig weit überlegen. Dort ist alles glänzende
Phantasie, unerschöpfliche, tiefe Leidenschaft und hinreißende Glut; hier tritt oft
beschauliche Speenlation an die Stelle der Empfindungen. Die flackernde Flamme seiner
Leidenschaft sprengt beinahe die von ihm geschaffene Form der zwölfzeiligen Himfy-
Strophe, deren vom Anfang bis zum Ende der langen Strophenreihe unveränderliche
Rhythmik und Gebundenheit den Strom der Gefühle und das Wirken der überaus reichen
Einbildungskraft zu hindern scheint.
In seinen Sagen, deren einige („Esobänez", „Tätika", „Somlö", „Dobozi Mihaly"
und andere) den größten Beifall der Leser fanden, blieb er hinsichtlich der Stoffe und
Motive ziemlich eintönig und eng umschrieben. Dabei ist es aber unleugbar, daß die starke
nationale Tendenz, der romantische Inhalt, die elegische Stimmung und äußere Form
dieser Sagen die zu Anfang des Jahrhunderts herrschende politische und sociale Stimmung
des Landes wiederspiegeln. „Er singt die Gefühle des urwüchsigen, in seiner Treue
knorrigen Magyaren, welche aus dem privaten wie aus dem öffentlichen Leben ent-
schwunden sind, aber es thut ihm wohl, daß er sie noch fühlt und einige verwandte Herzen
finden kaun."
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Volume 12
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (3)
- Volume
- 12
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.49 x 21.91 cm
- Pages
- 626
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch