Page - 329 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (3), Volume 12
Image of the Page - 329 -
Text of the Page - 329 -
329
er gewann sich durch seine zahlreichen Romane, wie: „Der letzte Bätori", „Die Böhmen
in Ungarn", „Zrinyi der Dichter" n. s. w. einen Leserkreis von beispielloser Ausdehnung,
ja, er machte den ungarischen Roman selbst in den hochadeligen Salons beliebt. Am
wirksamsten und auch am liebsten bewegte er sich auf dem Felde des geschichtlichen Romans,
doch schrieb er auch welche von socialem Stoffe. In den historischen schilderte er mit
besonderer Vorliebe die glänzenden Epochen der Vergangenheit, die Zeiten Ludwig des
Großen und Matthias', die ruhmreiche Periode der siebenbürgischen Fürsten. Bis ins
Einzelnste zeichnete er die Landschaften, Burgruinen, Gebäude seines bergigen Heimat-
landes, ja selbst die Möbel, Waffen und Hausgeräthe, die bei den alten Familien erhalten
geblieben. Er erzählt die Belagerungen und Geheimnisse der alten Burgen,die Zwistigkeiten
der Burgherren, die Liebesabenteuer uud Jagden der Ritter; er schildert die Fürstenhöfe,
den Zauberspuk der Wahrsagerinnen, die großsprecherischen uud schwindelhaften Abenteurer,
kurz die alte ungarische Gesellschaft, allerdings mehr nach ihren Äußerlichkeiten als durch
packende Darstellung der Ideen und Leidenschaften, welche die Zeit bewegen. Seine reiche,
fast unerschöpfliche Erfindungsgabe, die interessante Verknotung seiner Handlungen, das
Typische eines großen Theiles seiner Charaktere, die ideale Richtung seiner Frauen-
gestalten, sein starkes sittliches Gefühl, der ungesuchte Humor seiner volkstümlichen
Scenen, das Alles läßt ihn dem Leser noch jetzt anziehend erscheinen. Seine historischen
Kenntnisse paarten sich mit dem weiten Gesichtskreis des Weltmanns, und eben diesen
Eigenschaften verdankten auch seine Charakterschilderungen ihre Mannigfaltigkeit, seine
Erfindungen ihr Interesse. Er gab das erste Beispiel, wie man es anfangen müsse, die
Gestalten der Weltgeschichte der Wirklichkeit angenähert zu zeichnen, durch die Bilder des
öffentlichen und privaten Lebens in Altungarn den nationalen Geist zu wecken und die
Bildung einer neuen Gesellschaft vorzubereiten. Dieses Streben Jösikas beförderte die
Beliebtheit seiner Romane nicht wenig; in unseren Tagen hat sie zwar nachgelassen, doch
bleiben die Verdienste des Schriftstellers unvergänglich.
An Tiefe der historischen Ausfassung, wie an Sicherheit der Zeit- und Charakter-
schilderung wurde Jöfika durch zwei ausgezeichnete ungarische Romanschriftsteller weit
übertroffen. Es waren dies Baron Josef Eötvös und Baron Sigmnnd Kemeny, die als
Romanschriftsteller, Staatsmänner und Publizisten zu den thätigsten Kämpen der literari-
schen und politischen Bewegung dieses Jahrhunderts gehören. Ihre Ideen bezeichnen eine
neue Stufe der nationalen Entwicklung nnd ihre poetischen Werke zählen zu den hervor-
ragendsten Producteu der Literatur.
Josef Eötvös' (1813—1871) Roman: „Der Karthäuser" (-^ kartkau?!), der die
Selbstbiographie eines französischen Grafen ist, fand bei dem Publikum begeisterte Auf-
nahme. Es ist dies kein historischer Roman, sondern die ergreifende Schilderung der
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Volume 12
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (3)
- Volume
- 12
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.49 x 21.91 cm
- Pages
- 626
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch