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packender Zeittreue und in einer idealen Vollkommenheit von Frauenschönheit und
Franenwürde lebendig machte. In ihrem Fortschreiten gab es keinen Stillstand, doch
gelangte ihr großes Talent zur vollsten Entfaltung, als sie Jökais Gattin wurde. Am
5. September 1848, in der Rolle von Grittis Frau, trat sie zum ersten Mal als Fran
Jökai auf und bis zu ihrem Rücktritt im Jahre 1869 hörte sie nicht ans, das Ansehen des
Theaters zu heben, ihre Genossen zu begeistern, dem Publikum Genuß zu bereiten. Im
Jahre 1884, zur fünfzigjährigen Jubelfeier des Tages, an dem sie die Bretter betreten, sah
man sie noch einmal auf der Nationalbühne als Volumina in „Coriolan", noch immer
im Vollbesitz jenes tiefen, klangvollen dramatischen Tones, welcher Kraft und Weichheit
besaß für den Ausdruck jeder Empfindung.
Dies war das erste Personal des Nationaltheaters! Dieses Personal vertrat die
Sache des ungarischen Schauspielwesens mit unbestreitbarem Selbstgefühl und bestand
wiederholt erbitterte Kämpfe mit den Theaterbehörden, ja im Wege der Presse selbst mit
dem Publikum, hauptsächlich wegen der als Schwester aufgenommenen Oper. Allerdings
ließ sich die Sache des Schauspiels selbst bei einem Zuschuß aus Laudesmittelu ohne
Oper kaum aufrecht erhalten, und darum ist das Gastspiel der Frau Schodel, die später
iu festem Engagement beinahe ein Jahrzehnt lang die Säule der Oper war, förmlich ein
Glück zu nennen, denn nur mit ihr und eine Zeitlang mit der schon abnehmenden, aber
noch immer recht stimmkräftigen Frau Dery und später mit Marie Felbcr konnte man
so manche der damals modernen Opern, z. B. „Norma", „Montecchi und Capuleti",
„Gemma diVergy", den „Barbier von Sevilla", „Beatrice diTenda", „Zampa", selbst
beider Lückenhaftigkeit des männlichen Personales aufführen. Rosalia Schodel-Klein
(1807 — 1857) war eine Waise und wurde zuerst durch den Musiker Johann Schodel
in Klausenburg unterrichtet; er heiratete sie dann und ging mit ihr nach Wien, wo Anton
Forti, ein hervorragender Baritonist jener Zeit, ihr Lehrer wurde. So geschult, machte sie
als dramatische Sängerin eine Rundreise in Deutschland, wo ihr kraftvolles Organ und
leidenschaftliches Spiel überall durchgriff. Als berühmte Sängerin kehrte sie 1836 nach
Klausenburg zurück. Zwei Jahre später war sie beständiger Gast des Nationaltheaters
zu Budapest und von 1840 an engagirtes Mitglied. Eine Sängerin, die auch im Aus-
land einen so großen Namen hatte, mußte der alleinherrschende Stern der ungarischen
Oper sein, und das war sie, bis Cornelia Hollösy erschien. Die besten Partien der
Schodel waren: Jzonda (in Karl Therns „Belagerung von Tihany"), Elisabeth
Szilagyi (in Erkels „Ladislans Hnnyady"), dann Fidelio, Donna Anna, (in „Don
Juan"), Lncrezia Borgia und andere. Zu Anfang der Fünfziger-Jahre verlor sie ihre
Singstimme und zog sich nach Nyäregyhäza zurück, wo sie den Rest ihres Lebens
verbrachte. Im Laufe der Vierziger-Jahre erschienen im Nationaltheater viele berühmte
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Volume 12
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (3)
- Volume
- 12
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.49 x 21.91 cm
- Pages
- 626
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch