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Verfahren der Cantoren auf, durch das nicht nur protestantische Gesänge, sondern selbst
ihre poetischen Privatversuche sich in die Kirche einschleichen konnten.
Eine so bewegte Geschichte hatte der Gesang im Schoße der römisch-katholischen Kirche
bis zum Anfang des XVII. Jahrhunderts. Und diese Bewegung trug literarische Früchte,
denn alle Kirchen wetteiferten in Opfern, um ihre Gesangbücher zu veröffentlichen. Von den
geschriebenen Gesangbüchern der katholischen Kirche ist aus dem XVI. und den früherenJahr-
huuderteu kein einziges bekannt. Sie wurden eben durch die Drucke des XVII. Jahrhunderts
überflüssig, ja verbotene Bücher. Aus dem XVII. Jahrhundert haben sich fünf geschriebene
Sammlungen erhalten, und zwar: 1. das Kraäuale Homanum (1623); 2. das Gyöngyöser
Choralbuch (1618—1623); 3. das Laneionale Hungarieuin (1617); 4. das Lancionale
et ?ussionale HunAarieuin societatis ^esu kesiclentiae l'uroeievsis, vom Ende des
XVII. Jahrhunderts. Sie befinden sich jetzt in der Universitätsbibliothek zu Budapest.
Hochwichtig für die ungarische Musik ist ein siebenbürgischer Codex, jetzt im Besitz
der Franciscaner von Csiksomlyö. Er ist ganz in Orgel-Tabnlatnren geschrieben und führt
den Titel: , Organs Wssale opera ac stuäio kratris patris ^oarmis Xäjnin oidinis
Mnorum orKunistae et orAurnksdri, Kuardiani Lonventus M>clia?iensis. .Vinio 1667."
Auffallenderweise wurde der Beschluß der Tyruauer Synode erst nach 41 Jahren,
1672, ausgeführt; da erschien nämlich unter dem Erzbischos Georg Szelepcsenyi zu
Tyruau jenes von einer Commission redigirte Cancionale, das bis in die neueste Zeit
maßgebend geblieben ist. Sein ungarischer Titel lautet: kle^i es uj.äeäk es msZ^rHitatos
e^ka?i enekek es litäniM u. s. w. (Alte und neue, lateinische und ungarische fromme
Kirchengesänge und Litaneien.) Doch hatte man mit dieser Sammlung nicht geeilt, denn
schon 1651 war ihr das dem Erlauer Bischof Beuedikt Kisdi gewidmete Gesangbuch zuvor-
gekommen und genügte dem allgemeinen Bedürfniß dermaßen, daß das Szelepcsenyi'fche,
»ach Titelblatt, Inhalt und Eintheilnng der Gesänge, nur als ein um etliche Gesänge
vermehrter Nachdruck zu betrachten ist. Das Kisdi'fche erhält Eoncurrenz durch eiue
Sammlung, die ein anderer Bischof von Erlau, Leouhard Szegedi, im Jahre 1674 auf
seine Kosten zu Kafchau drucken ließ; sie übertrifft die früheren an Zahl und Mannigfaltig-
keit der Gesänge, sowie an Kernigkeit der Sprache.
Das XVII. Jahrhundert wird durch Närays Sammlung: ,1>^ra eoeleslis"
(Tyrnau, 1695) beschlossen. Sie ist weniger umfangreich als die übrigen, jedoch vom
nationalen Standpunkt sehr interessant. In Siebenbürgen gaben die Patres von Karls-
burg (K^ula-ke^erväri ?aterek) ein Andachtsbuch ,1,elki paraäiesom" (Seeleu-
Paradies) heraus (Karlsburg 1700), worin gruppenweise sehr werthvolle Hymnen, jedoch
ohne Melodie vorkommen. Desgleichen gab der bereits erwähnte Käjoni ein Gesangbuch
ohne Melodien heraus, das in die gleiche Zeit mit seinem OrZano Mssale (1676) fällt.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Volume 12
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (3)
- Volume
- 12
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.49 x 21.91 cm
- Pages
- 626
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch