Page - 94 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Volume 13
Image of the Page - 94 -
Text of the Page - 94 -
94
Campiglio mit seinem großen Alpengasthaus liegt, zu welchem von Pinzolo aus ein
guter Fahrweg führt.
Es ist, als habe die Natur hier im Süden noch einmal vereinigen wollen, was sie
sonst weit getrennt: sie hat den brüchigen Kalkgebirgszug der Brenta neben die feste
Urgebirgsmasse des Adamello und der Presanella gestellt.
Da erhebt sich westlich das ungeheure, auch schon mit einem Riesendom verglichene
Massiv des Adamello, welches nach allen Seiten Thäler aussendet und von riesigen
Gletschern bedeckt ist, die wie die an den Rändern ragenden Spitzen verschiedene Namen
tragen. Als die höchste ragt der Adamello selbst, 3.547 Meter hoch, empor. Gegenüber
nach Nordosten liegt der kleinere Stock der Presanella mit den vielen Hängegletschern
und mit der gleichbenannten, den Adamello überragendenSpitze, 3.561 Meter. Dazwischen
die Wunder des Val di Genova. Es steigt von Kastanienwäldern am Eingang bis zu
verkümmertem Legföhrenbuschwerk in Stufen an, schöne Alpenböden wechseln mit grotesken
Felsenpartien, zahlreiche Wasserfälle, von denen die Sarca selbst einen bildet, rauschen
nieder, immer wilder und großartiger wird die Eiswelt, wo alles Leben erstirbt, wenn
man nicht den Gletscherfloh, den um die Spitzen kreisenden Geier und den Bären, der
nicht gar selten dort erscheint, als Insassen dieses Reiches ansehen will. In früherer Zeit
sprang auch die Quelle der Sarca aus einem Gletschereisthor, das aber abgeschmolzen
ist. Der erste Beschreibe! dieses ganzen Gebietes, der erste Besteiger dieser Spitzen war
bekanntlich der österreichische Offizier und später auch noch als kühner Nordpolfahrer
berühmt gewordene Julius von Payer. Seither ist dasselbe von unzähligen Touristen
nnd Forschern nach allen Richtungen durchzogen worden, Schutzhütten sind entstanden,
eine jährlich wachsende Literatur sammelt sich darüber an.
Das Brentagebirge ist eine verschiedene Abzweigungen und Thäler aussendende
Kette, welche sich vom Noce bis zur Sarca in Vorder-Judicarien von Norden nach Süden
zieht, die massigste und höchste Erhebung des Kalkgebirges westlich von der Etsch. An
Formenreichthum, an Thürmen, Stöcken, Hörnern, Zinnen, Zacken und wie man die
wunderlichen Gebilde alle nennen will, steht es nach dem Urtheil erfahrener und wohl
bewanderter Bergfahrer den östlichen Dolomiten nicht nach. Als der Verfasser dieser
Schilderung auf seiner ersten Wanderung von Sulzberg nach Rendena vor dreißig
Jahren unterhalb Campiglio abends Rast hielt, genoß er einen Anblick des Brenta-
gebirges, wie er nie wieder einen gleichen erlebt hat. Von Süden durch Val dÄlgoue
zog ein dichter Nebelstreif herauf und legte sich an der Brenta, an der Grenze von
Wald und Felsen an. Da schien nun das Gebirge von unten mit dem dunkeln Walde
seine Höhe abzuschließen, während die furchtbaren, vielgestaltigen, noch von der Sonne
beleuchteten Felfeninafsen wie am Himmel hingen und jeden Augenblick niederzustürzen
back to the
book Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Volume 13"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Volume 13
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Tirol und Vorarlberg
- Volume
- 13
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.12 x 23.1 cm
- Pages
- 624
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch