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die Genußsucht uud Üppigkeit der Zeit, die alle Stände beherrschte, nicht wenig schuld.
Der Adel legte gerade in diesen Decennien durch sein verschwenderisches Leben, sei es am
Hofe zu Innsbruck oder auf seinen Burgen, den Grund zu seinem Verfall. Diesem Hange
der Zeit vermochte auch die Besserung der kirchlichen und sittlichen Zustände lange nicht
entgegenzuwirken. Und doch ergriff die religiöse Idee im Laufe des XVII. Jahrhunderts
immer mehr alle Schichten der Gesellschaft. Die Seelsorgestellen mehrten sich, viele neue
Klöster entstanden und zahlreich sind die Kirchen und Kapellen, die in allen Gegenden des
Landes sich erhoben, das Brnderschaftswesen nahm einen ungeahnten Aufschwung. Der
Clerns gewann die volle Herrschaft über das Volk; Landesfiirst und Adel standen vor-
züglich unter dem Einfluß der Jesuiten, das Vertrauen der unteren Volksclassen wandte
sich besonders den Bettelorden zu.
Für Kaiser Leopold I. besorgte der Geheimrath, das oberste Regierungsorgan der
tirolischen Regentensamilie, das sich seit Erzherzog Ferdinand II. ausgebildet hatte, die
Leitung der Angelegenheiten Tirols und der Vorlande und so bildeten diese während
seiner und der Regierung seiner Söhne noch ein eigenes, mit den anderen Erblanden
nicht enger verbundenes Verwaltungsgebiet. Die landesfürstliche Kanzlei wurde jedoch
nach Wien gezogen und dem kaiserlichen Hofkanzler unterstellt. Diese Würde bekleidete die
ersten beiden Decennien der Regierung Leopolds I. ein Mann, der zwar nicht durch
Geburt, aber wohl durch sein früheres Wirken Tirol angehörte: der berühmte, im
Jahre 1667 in den Freiherrnstand erhobene Johann Paul Hocher, dessen Rath und
Verwendung das Land und namentlich die Landeshauptstadt die Junsbrucker Universität
vorzüglich zu verdanken hat. Die Verbindung mit den übrigen Erblanden fühlte Tirol
bald, denn wenn es gleich von den Kriegen, die der Kaiser mit Frankreich und mit der
Türkei zu führen hatte, nicht unmittelbar betroffen wurde, so mußte es doch Geldopfer
für dieselben bringen und mancher Tiroler ins Feld ziehen. Damit erwachte aber der
kriegerische Geist im Lande aufs neue und man gewöhnte sich an Opfer für Kaiser und
Reich. So war Tirol nicht unvorbereitet, als der spanische Erbfolgekrieg ihm eine welt-
historische Aufgabe zuwies.
Schon Eugens berühmten Zug nach Italien 1701 förderten die Bewohner Süd-
tirols sowohl durch eifrige Unterstützung als durch pflichttreue Verschwiegenheit, so daß er
ganz nnvermuthet im Rücken des Feindes in der Po-Ebene erscheinen konnte, aber
geradezu entscheidend wurde die Haltung der Tiroler für den Verlauf der Kriegsereignisse
im Jahre 1703. Damals faßte Kurfürst Max Emanuel von Baiern den Plan, mit dem
französischen Feldherrn Vendome in Italien sich durch Ärol zu vereinigen. Er drang
daher ohne größeren Widerstand durchs Unterinnthal bis Innsbruck vor und bemächtigte
sich dabei ohne Schwierigkeit dieser Stadt wie der Besten Kufstein und Rattenberg.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Volume 13
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Tirol und Vorarlberg
- Volume
- 13
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.12 x 23.1 cm
- Pages
- 624
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch