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Kindern während des ersten Lebensjahres in den Bezirken Kufstein 175 5, Schwaz 183 7,
Kitzbühel 190 7, hingegen im Gerichtsbezirk Innsbruck Umgebung 266 5, in der Stadt
Innsbruck 235'7, im Bezirk Landeck 236 7, im Bezirk Rentte 225 5. Für Wälschtirol
ergab sich die größte Sterblichkeit rücksichtlich der Kinder aus dem ersten Lebensjahr in
den Gerichtsbezirken Primiero (265 pro Mille), Cles (261 pro Mille) und Tione
(245 pro Mille), die geringste dagegen in den Stadtbezirken Trient (183 pro Mille)
und Rovereto (190 5 pro Mille). In Vorarlberg ist in dieser Beziehung ein erheblicher
Unterschied zwischen den verschiedenen Bezirken nicht hervorgetreten.
Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Sterblichkeit der Kinder im ganzen Lande
eine noch viel geringere sein könnte, wenn nicht die Pflege und Ernährung derselben gar
Vieles zu wünschen übrig lassen würde. Nur wenige Mütter stillen ihre Kinder selbst und
sehr wenige durch die ganze gebotene Zeitdauer. Dieser, wie es scheint, schon von alter Zeit
herkömmlichen Unterlassung oder ungenügenden Ausübung einer hochwichtigen Verrichtung
mag es wohl zuzuschreiben sein, daß in Tirol wie in Vorarlberg eine sehr große Zahl von
selbst wohl ausgebildeten Müttern nicht befähigt ist, ihren Kindern die erforderliche Menge
der naturgemäßen Nahrung zu bieten, oder daß die Quelle derselben schon nach wenigen
Wochen zu versiegen beginnt. Die Verwendung von Ammen, welches Wort übrigens in
Tirol nicht im Sinne einer „Nährmutter", sondern in dem einer Kinderwärterin gebraucht
wird, kommt nur als äußerst seltene Ausnahme in den Städten vor; der bäuerlichen
Bevölkerung ist sie völlig unbekannt. Allerdings steht im ganzen Lande vortreffliche
Kuhmilch als Ersatz der mütterlichen Nahrung leicht zn Gebote, und darauf wird es
zurückzuführen sein, daß die öffentliche Meinung das Selbststillen keineswegs als eine
unerläßliche Mutterpflicht erachtet. Wird aber, wie es in der That sowohl in Tirol als in
Vorarlberg geradezu Landessitte ist, die künstliche Nahrung dem Säugling in unzweck-
mäßiger Form dargereicht und wird überdies bei dem Gebrauch der Saugflaschen die
Sorge für peinlichste Reinlichkeit außer Acht gelassen, so ist es die unausbleibliche Folge,
daß so mancher Säugling den „Fraisen" oder einem Darmkatarrh erliegt oder daß im
zartesten Alter der Keim zu Erkrankungen und zu dauernder Körperschwäche gelegt wird.
Nicht zum geringsten Theil ist es daher in die Hand der tirolischen Frauen und Mütter
gegeben, für die Hebung des physischen Wohles der Bevölkerung zu wirken — durch
Vernunft- und naturgemäße Pflege der Kinder.
Volksleben der Deutschen in Tirol.
Volkscharakter. Es dürfte wohl kaum ein Alpenland geben, in dem sich der
Volkscharakter so verschiedenartig ausprägt wie in Tirol. Hierbei sind wie anderswo
Natur, Stammesart und Lebensweise, Erwerb und Beschäftigung von nachhaltigem
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Volume 13
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Tirol und Vorarlberg
- Volume
- 13
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.12 x 23.1 cm
- Pages
- 624
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch