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halben Revolutionär vor sich — wenn der Kaiser ruft, so eilt er um seinen Stutzen und gibt
seinen letzten Tropfen Herzblut. Will man daher ein zusammenfassendes wahres Urtheil
über die Bewohner des Laudes abgeben, so mnß man bekennen, der Tiroler ist im
Durchschnitt ein grundehrlicher, fester und gemüthlicher Charakter, ein Mensch, der Kopf
nnd Herz auf dem rechten Fleck hat und den Jeder liebgewinnen wird, der in der
rauhen Schale den guten Kern zu finden weiß.
Befiedeluug, Or t san lagen und Wohnungen. Wie überall in den Alpen,
erfolgte auch in Tirol zuerst die Befiedeluug der Höhen. Hierzu drängte nicht nur die für
Feldbau und Wirthschaft günstige Bodenbeschaffenheit der Mittelgebirgsterraffe gegenüber
der auartigeu und versumpften Thalsohle, sondern auch der Umstand, daß der Winter
oben erfahrungsgemäß wärmer und milder, der Sommer kühler ist. Starke Bergbäche
und kleine Quellwässerlein boten dem Ansiedler leichte Gelegenheit zur Tränke des Viehs,
wie zur Berieselung der Felder und Wiesengründe. Zugleich befand er sich in nächster Nähe
von Wald uud Alpe. Deßhalb gehen auch alle alten Straßenzüge Nord- und Südtirols über
die Höhen. Fanden Ansiedelungen im Thale statt, so wählte man fast ausnahmslos die
ruhig gewordenen fruchtbaren Schuttkegel, die sich am Ausgang der Seitenthäler und
Klammen fächerartig ausbreiteten, oder niedere Uferterrassen des Hauptthals, die vom
wechselnden Lauf des Stromes nichts mehr zu fürchten hatten. Hierbei hatte, wie auch bei
den Hangsiedelungen die Sonnenseite vor der Nörder-(Nord-Schatten-)seite den Vorzug.
In welcher Art nun die Befiedeluug vor sich giug, ob hofmäßig oder dorfweise, läßt
sich wohl mit vollständiger Sicherheit nicht mehr feststellen. Wahrscheinlich war beides der
Fall. Man trifft Gelände, welche, wie z. B. der Anger-, Volder- und Niederndorferberg
mit Einzelhöfen ganz übersäet sind, und wieder andere Gegenden, z. B. Stnbai, wo sich
nur Dörfer befinden und das Zwischenland fast keinen Hof aufweist. Jedenfalls hat dem
germanischen Wesen entsprechend die hofmäßige Ansiedelung eine große Verbreitung
gehabt. Lassen sich ja selbst nach der neuesten Forschung eine große Anzahl von Namen
gegenwärtiger Dörfer, z. B. Götzens, Fritzens, Hatting und andere auf Personennamen
zurückführen. Die dorfmäßige Aufiedeluug dürste sich vorzugsweise auf die Besitzergreifung
bereits vorhandener älterer Niederlassungen beschränkt haben.
Was nun die gegenwärtige Gestalt der tirolischen Dörfer anlangt, so bestimmen Lage
uud Bodenverhältnisse, Lebensweise und Brauch, Wohlstand und kärglicher Erlverb deren
Charakter. Das Dorf in der Thalsohle ist in der Regel behäbiger und schöner als das
jedenfalls ältere auf dem unebenen und schwerer zugänglichen Mittelgebirge, dieses wieder
entwickelter als die armseligen Weiler enger und unsicherer Hochthäler, wo die Häuser
oft kaum eiu ruhiges Plätzchen zum Staudort finden. Ein Dorf, dessen Bewohner
hauptsächlich Viehzucht und Alpenwirthschaft treiben, unterscheidet sich schon im Äußeren
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Volume 13
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Tirol und Vorarlberg
- Volume
- 13
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.12 x 23.1 cm
- Pages
- 624
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch